Vermisster Sechsjähriger:"Diese Suche ist eine besondere Herausforderung"

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Polizeitaucher gehen auf der Suche nach dem vermissten Jungen einen Tümpel ab. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Seit vier Tagen durchkämmt die Polizei einen Wald im niedersächsischen Bremervörde nach einem vermissten Kind. Dass der Sechsjährige Autist ist, macht die Suche besonders schwierig, gibt aber auch Anlass zur Hoffnung.

Von Kerstin Lottritz

Es ist Tag vier in einem besonderen Polizeieinsatz. Hunderte Einsatzkräfte wechseln sich seit Montagabend ab, im niedersächsischen Bremervörde nach einem vermissten Sechsjährigen zu suchen. Und jetzt hilft auch die Bundeswehr mit. Nach Angaben einer Sprecherin des Landeskommandos sollen bis zu 250 Soldaten an Ort und Stelle sein.

Polizisten werden in ihrer Ausbildung auf die Suche nach Vermissten vorbereitet. Und dennoch geht den Beamten in Bremervörde der Einsatz sehr nahe. "Diese Suche ist eine besondere Herausforderung", sagt Polizeisprecher Heiner van der Werp. Die vergangenen Nächte waren kalt, eher winterlich als frühlingshaft. Die Lage ist ernst. Hinzu kommt: Der vermisste Junge ist Autist. Den Angaben zufolge soll er normalerweise nicht reagieren, wenn er angesprochen wird.

Der Junge soll ein eingeschränktes Schmerzempfinden haben

Es ist ausgerechnet diese Entwicklungsstörung, die den Einsatzkräften Anlass zur Hoffnung gibt. Ein Arzt habe ihnen erklärt, so der Polizeisprecher, dass der Junge aufgrund des Autismus ein eingeschränktes Schmerzempfinden habe und keinen Ekel empfinde. Deshalb bestehe die Hoffnung, dass er seinen Durst mit Wasser aus einem Tümpel löschen und Hunger mit Kräutern und Pflanzen bekämpfen könne.

Feuerwehrleute suchen den Fluss Oste ab, Taucher den Grund verschiedener Tümpel im Gebiet, Drohnen, ein Hubschrauber und ein Tornado-Flugzeug sind im Einsatz, um mit Wärmebildkameras Ausschau zu halten. Am Mittwochabend wurden Fußspuren gefunden, die möglicherweise zu dem Jungen gehören könnten.

Der Sechsjährige war zum Zeitpunkt seines Verschwindens mit einem Pullover, aber ohne Jacke, nur leicht bekleidet. Das zeigen Aufnahmen aus einer privaten Überwachungskamera in dem Wohngebiet des Jungen. Die Bilder zeigen auch, dass der Junge recht zügig Richtung Wald gelaufen ist. Darauf konzentriert sich nun die Suche. "Jedes Mal, wenn ich in der Kälte draußen hinüber zum Wald schaue, denke ich: Wie hält er das nur aus?", sagt van der Werp.

Mit Luftballons und Süßigkeiten soll der Junge angelockt werden - wenn er überhaupt noch lebt. (Foto: Markus Hibbeler/dpa)

In dem Waldgebiet, das an das Wohnhaus des Sechsjährigen grenzt, hat die Feuerwehr Luftballons und Süßigkeiten aufgehängt. "Die mag er so gerne", sagt van der Werp. Auch ein Feuerwerk wurde in der Nacht abgefeuert. Die Polizisten greifen jeden Hinweis der Eltern auf, wie man den Jungen anlocken könne. "Das hilft den Eltern auch, sich nicht so untätig zu fühlen", sagt der Polizeisprecher. Und obwohl der Sechsjährige jetzt seit Montagabend gesucht wird und mit jeder Stunde die Wahrscheinlichkeit geringer wird, den Jungen lebend zu finden, sei aufgeben für alle ein Tabu. "Viele der Kollegen sind selbst Eltern", sagt van der Werp. "Da will man einfach nicht aufhören zu suchen."

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