Berlin:Adieu, Fritz

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Der Eisbär hätte diese Woche erstmals der Öffentlichkeit im Zoo präsentiert werden sollen, Dienstagnacht aber starb er. In der Hauptstadt gibt es nun kein anderes Thema mehr. Die Geschichte erinnert an die Aufregung um Knut.

Von Verena Mayer

Er hätte das Zeug zum Star gehabt. Der kleine Fritz, vier Monate alt, vierzehneinhalb Kilogramm schwer, Eisbär. Diese Woche hätte er eigentlich zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden sollen - im Tierpark Friedrichsfelde im Osten Berlins hatten sie schon alles für den großen Auftritt vorbereitet. Mit einem eigenen Gehege, in dem noch Stufen eingebaut wurden, eine Art kindgerechte Umgebung gewissermaßen. Doch in der Nacht zu Dienstag starb der kleine Fritz. Das Eisbärenjunge hatte offenbar eine Leberentzündung, die zu einem Organversagen führte.

In der Hauptstadt gab es am Dienstag kein anderes Thema. Die Lokalzeitungen veröffentlichten Fotos von Fritz, in Schwarz-Weiß, so wie man es normalerweise in Nachrufen macht. Die Kommentarspalten und die Facebook-Seite des Tierparks quollen vor Beileidsbekundungen über, "warum nur, warum?!?!?!", schrieb eine Userin. Der Direktor des Berliner Zoos und Tiergartens, Andreas Knieriem, sprach von einem "schwarzen Tag, wir sind fassungslos, sehr traurig und deprimiert". Man habe den kleinen Eisbären noch in Narkose versetzt, eine Ultraschall-Untersuchung vorgenommen und ihn mit Antibiotika und Schmerzmitteln behandelt, vergeblich. "Er hatte Bauchschmerzen, lag auf der Seite und schrie."

Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass der Tod von Zootieren mediale Aufmerksamkeit erfährt wie das Ableben von Showstars. Als im Leipziger Zoo 2011 Heidi eingeschläfert werden musste, die es als "schielendes Opossum" bis ins amerikanische Fernsehen geschafft hatte, stand das halbe Internet kopf, Giraffe Marius, die im Kopenhagener Zoo geschlachtet werden musste, bewegte tagelang die Öffentlichkeit. In Berlin kommt allerdings noch hinzu, dass der Tod des kleinen Fritz unliebsame Erinnerungen weckt. An Eisbär Knut nämlich. Der war erst als Baby mit der Flasche aufgezogen worden, danach wurde er Teil einer beispiellosen Verwertungskette, samt eingetragener Marke, Vanity-Fair-Cover und Besuch von Sigmar Gabriel. Bis er dann 2011 im Alter von vier Jahren plötzlich in ein Wasserbecken kippte und vor den Augen der Besucher starb. Selbst Knuts Obduktionsbericht (er hatte Gehirnhautentzündung) war noch ein Medienthema.

Und es bleiben Fragen. Woran der kleine Fritz genau litt, bei seiner Geburt im November hatte er noch einen Zwilling, der war aber nach kurzer Zeit gestorben und von der Mutter gefressen worden. Diese sei übrigens die ganze Nacht über "sehr nervös" gewesen, so Zoo-Direktor Knieriem. Und es fragt sich, wie sinnvoll überhaupt die Zucht von Eisbären ist. Dazu meldeten sich am Dienstag Tierschützer verschiedener Organisationen zu Wort, in deren Augen die Nachzucht "problematisch" sei. Denn Eisbären seien anfällig für Verhaltensstörungen, eine artgerechte Haltung sei in Gefangenschaft nicht möglich. Dem widerspricht der Berliner Zoo-Direktor: Zwar gebe es auch in Tiergärten Risiken, in freier Natur würden aber heutzutage nur noch sehr wenige Jungtiere überleben. Klar ist hingegen, dass der kleine Fritz nicht ausgestopft werden soll wie einst Knut. Der steht seit 2014 im Berliner Naturkundemuseum und ist noch immer ein Publikumsliebling.

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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