Bericht zur Havarie der "Costa Concordia":Todeskämpfe am Rettungsboot

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Das kleine Mädchen, das es nicht mehr rechtzeitig auf die andere Schiffsseite schaffte, der Musiker, der seinen Platz im Rettungsboot räumte und ertrank: Ein Bericht der italienischen Staatsanwaltschaft schildert detailreich, was sich in den letzten Stunden an Bord der "Costa Concordia" zugetragen hat.

Muss sich Francesco Schettino vor Gericht dafür verantworten, sein Schiff, die Costa Concordia, im Stich gelassen zu haben - und wird er womöglich sogar wegen Totschlags angeklagt? Der Staatsanwalt, der in der toskanischen Stadt Grosseto derzeit versucht, die Anklagepunkte festzuzurren, hat vor wenigen Tagen einen Bericht vorgelegt. Dieser dokumentiert die Schicksale der 32 bei der Havarie im Januar 2012 ums Leben gekommenen Menschen im Detail.

Viele der Einzelschicksale, die auf 60 Seiten geschildert werden, eint der tragische Ablauf: Die Menschen starben weil sie ohne Rettungsweste ins Meer sprangen oder weil sie von den Kräften des zur Seite kippenden Schiffes unter Wasser gezogen wurden. Englischsprachige Medien zitieren berührende Details aus dem Report. So schildert der Telegraph die Geschichte der fünfjährigen Dayana Arlotti und ihres Vaters Williams. Die beiden wurden an einem Rettungsboot abgewiesen und kamen ums Leben, als sie unterwegs auf die andere Seite des Schiffes waren.

"They died because "having not found places in a lifeboat on deck four on the port side, they were directed by members of the crew to the starboard side and while negotiating the interior of the ship they fell into an abyss which was created as the starboard side of the ship overturned." They stumbled and fell into a flooded area of deck four, where they drowned."

Unter den Toten waren Passagiere und Crewmitglieder. Zu letzterer Gruppe gehörte Erika Molina. Wie der Nachrichtensender CNN berichtet, schaffte es die Frau in eines der Rettungsboote, stürzte jedoch hinaus, als es unter chaotischen Umständen zu Wasser gelassen wurde.

"And then there's the horror endured by bartender Erika Molina. She managed to get onto a lifeboat, but fell out amid the chaotic launch. Without a life-jacket she was sucked underwater by swirling currents as the cruise liner capsized."

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Der Musiker Giuseppe Girolamo wurde dem Bericht zufolge in den letzten Augenblicken seines Lebens zum Helden, wie der Sender SkyNews berichtet:

"It emerged he had been directed to the right-hand side of the boat to get into a lifeboat and had actually got into one when he decided to give up his place - only to later drown."

Die 60 Seiten des Gerichtsdokuments sind voller Schicksale, die sich an den Rettungsbooten entschieden. Die britische Boulevardzeitung Mirror zitiert das Schicksal von Maria D'Introno. Die Frischverheiratete war mit ihrem Mann in den Flitterwochen, mit an Bord waren auch Verwandte, die ihre Goldene Hochzeit feierten. Die 30-Jährige musste das Rettungsboot wieder verlassen und starb später im Mittelmeer. Sie konnte nicht schwimmen:

"Honeymoon bride Maria D'Introno, who had boarded the doomed liner with her new husband, and other relatives who were celebrating a golden wedding anniversary, had managed to get on a life raft. But she was forced to reboard the ship 'because the lifeboat was leaning excessively to one side and was deemed unsafe to fall into the sea.' The 30-year-old was directed to the port side but was forced to take to the sea. She could not swim."

In den kommenden Wochen, so schätzen Beobachter der juristischen Auseinandersetzung um die Tragödie, wird der Untersuchungsrichter verkünden, welcher Vergehen Schettino und einige andere Crewmitglieder angeklagt werden - und wann der Prozess beginnt.

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