Baurecht:Was den Wiederaufbau des Frankfurter Goetheturms erschwert

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Der Goetheturm in Frankfurt war für viele eine Art Familienerbstück, Treffpunkt der Generationen, Ort schönster Kindheitserinnerungen. (Foto: Arne Dedert/dpa)
  • Der kürzlich abgebrannte Goetheturm in Frankfurt soll wieder aufgebaut werden. Am Geld wird eine Rekonstruktion nicht scheitern.
  • Fraglich dagegen ist, ob der Turm entsprechend den historischen Plänen wiedererrichtet werden kann.
  • Der Knackpunkt sind deutsche und internationale Bauvorschriften.

Von Susanne Höll

Ortsfremde verstehen nur schwer, welchen Verlust die Frankfurter erlitten haben. Der Goetheturm im Stadtwald, der vor Wochenfrist in Flammen aufging, war weit mehr als ein Ausflugsziel. Es war eine Art Familienerbstück, Treffpunkt der Generationen, Ort schönster Kindheitserinnerungen. Wer in München lebt oder auf Rügen, müsste sich vorstellen, der Chinesische Turm im Englischen Garten oder die Seebrücke von Sellin hätten sich über Nacht in einen Haufen Asche verwandelt. Dann bekäme er einen Eindruck von der Stimmung am Main.

Wie man es von Frankfurt mit seiner in vieler Hinsicht engagierten Bürgerschaft erwarten darf, schlägt die Trauer in trotzige Tatkraft um. Der Turm, da sind sich die Bewohner mit ihren örtlichen Politikern und Wirtschaftsleuten einig, soll wieder aufgebaut werden. Und zwar so schnell wie möglich. Oberbürgermeister Peter Feldmann von der SPD hatte dies bereits angekündigt, als die letzten Feuernester rund um den einst gut 43 Meter hohen Aussichtsturm noch glühten.

Am Geld, so viel steht fest, wird eine Rekonstruktion nicht scheitern. Die Stadt wird sich beteiligen, es gibt höchstwahrscheinlich Geld von der Versicherung. Und viele private Spender stehen parat. Auf zwei Sonderkonten sind schon fast 40 000 Euro eingegangen. Eine Gruppe Privatleute, vornehmlich Juristen, gründete einen Förderverein für den Wiederaufbau, ein sechsstelliger Betrag soll schon zugesagt worden sein. Hinzu kommen kleinere Initiativen und Benefiz-Aktionen.

Die allermeisten Frankfurter wollen ihren alten Turm zurück

Noch vermag niemand zu sagen, was ein Wiederaufbau kosten wird. Dafür ist aber ziemlich sicher, dass es auf dem Weg dorthin einige Enttäuschungen geben wird, kleinere, aber womöglich auch große. Denn natürlich wollen die allermeisten Frankfurter ihren alten Turm zurück. 1931 wurde er gebaut, rechtzeitig zum 100. Todesjahr von Johann Wolfgang von Goethe. 196 Stufen, zwölf Podeste, alles aus heimischem Kiefern-, Buchen- und Eichenholz, ein altmodischer und graziler, wenngleich stabiler Bau.

Solche Bauwerke konnte man vor 86 Jahren problemlos errichten - heutzutage ist das schwieriger. Es gibt deutsche und internationale Vorschriften. Fluchtwege sind vorgeschrieben, der Brandschutz wird weitaus strenger reguliert als in der Weimarer Republik. Oberbürgermeister Feldmann sagt, er wünsche sich eine "möglichst originalgetreue" Replik. Das war eine recht kluge Äußerung. Denn sie spricht den Frankfurtern in ihrer Trauer aus dem Herzen. Ein festes Versprechen ist sie aber nicht. Aus dem vom CDU-Mann Jan Schneider geführten städtischen Baudezernat klingen die Aufbauprognosen etwas prosaischer. Ob der Turm entsprechend den historischen Plänen auferstehen kann, sei fraglich. Womöglich werde - Stichwort Barrierefreiheit - sogar ein Aufzug nötig sein.

Nun prüfen Experten, wie groß der Spielraum ist. Das wird dauern, wahrscheinlich bis ins nächste Jahr. Die Frankfurter dürfen in einem von der Stadt organisierten Votum darüber abstimmen, welches Bauwerk sie in Zukunft gern hätten. Gut möglich, dass sich die Sehnsucht nach einem neuen alten Turm nicht erfüllt und im Stadtwald dann ein Mischkonstrukt steht, aus Beton, Stahl und deutlich weniger Holz.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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