Ausbruch aus Psychiatrie:Taximörder auf der Flucht

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Der als Taximörder vom Bodensee bekannte Gewalttäter ist aus der geschlossenen Psychiatrie in Wiesloch ausgebrochen. Er gilt als "äußerst gewaltbereit", Autofahrer sollten keine Anhalter mitnehmen, auch alle Taxifahrer in der Region wurden gewarnt.

Einen Tag nach seiner spektakulären Flucht fehlt jede Spur des Taximörders vom Bodensee. Wie ein Sprecher des Landeskriminalamts am Vormittag sagte, war die Suche nach dem 29-jährigen Andrej W. bisher erfolglos. Auch Hinweise aus der Bevölkerung hätten die Beamten nicht weitergebracht.

Auf der Flucht: Ein von der Polizei herausgegebenes Fahndungsfoto zeigt den Taximörder vom Bodensee. (Foto: dpa)

Etwa 50 Beamte waren am Sonntag rund um Wiesloch bei Heidelberg im Einsatz - unterstützt von Hubschraubern. Zudem wird die bundesweite Fahndung fortgesetzt. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Mörder hatte im Juni 2010 eine Taxifahrerin ermordet und eine weitere schwer verletzt. Er war Anfang Februar wegen Mordes verurteilt worden, aber in einer psychiatrischen Klinik untergebracht worden.

Der Mörder entkam am Samstagvormittag aus dem psychiatrischen Landeskrankenhaus im baden-württembergischen Wiesloch. Wie die Staatsanwaltschaft Konstanz und die Polizei mitteilten, verschwand Andrej W. gegen 10.30 Uhr während eines Hofgangs, obwohl er an den Füssen gefesselt war.

Zunächst nahm die Polizei an, dass sich der flüchtige Taximörder noch auf dem weitläufigen Gelände der Psychiatrie in Wiesloch versteckt hielt. Inzwischen gaben die Beamten jedoch bekannt, dass Andrej W. nicht mehr auf dem Klinikgelände sei. "Es steht fest, dass er den eigentlichen Aufenthaltsbereich verließ", sagte ein Sprecher der Polizei Heidelberg.

Baustelle auf dem Gelände begünstigte womöglich die Flucht

Unklar ist, wie es dem Mann gelingen konnte, trotz Videoüberwachung, hohen Mauern und Stacheldraht aus dem gesicherten Gelände herauszukommen. Ob dem zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder und Vergewaltiger jemand bei der Flucht geholfen hat, ist ebenfalls noch unklar.

Die Flucht könnte womöglich im Zusammenhang stehen mit einer Baustelle auf dem Gelände des Psychiatrischen Zentrums. Der Heidelberger Polizeisprecher Harald Kurzer sagte : "Da ist ein kleiner Bereich einer Mauer, der offen ist, aber der führt in einen Baustellenbereich, der extra abgesichert ist, ebenfalls mit einer Mauer und Stacheldraht." Die Fahnder gehen dem Bericht zufolge davon aus, dass "unter ganz bestimmten, für ihn günstigen Umständen, könnte er tatsächlich in diesen Bereich der Baustelle gelangt sein." Die Polizeistäbe in Heidelberg wollen sich am Montag mit der Frage befassen, wie genau dem Mann die Flucht gelingen konnte. Einstweilen stehe jedoch die Fahndung im Vordergrund, sagte der Sprecher.

Mittlerweile sind etwa 45 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, dennoch war die Suche nach dem Mann bisher nicht erfolgreich. Die Polizei hat sogenannte Mantrailer-Hunde angefordert, die auf die Suche nach Menschen abgerichtet sind. Sie sollen die Fährte des 29-Jährigen aufnehmen. Am Sonntag überprüfte die Polizei auch mehrere Einbrüche in einer Gartenhaussiedlung. Die Fahnder vermuten, der Mann könnte sich dort mit Nahrung und neuer Kleidung versorgt haben. Die Fahnder achten nach Informationen des Senders derzeit auch auf Fahrraddiebstähle in der Region. Von dem Mann sei bekannt, dass er ein Faible für Fahrräder habe und bei seiner Flucht am Bodensee auch ein Fahrrad benutzt habe.

Alle Taxifahrer in der Gegend wurden gewarnt

Der sogenannte Taximörder sei "äußerst gewaltbereit", so ein Polizeisprecher. Wer Hinweise auf ihn geben könne, solle sich sofort über Notruf bei der Polizei melden und sich in jedem Fall von ihm fernhalten. Alle Taxifahrer seien vorgewarnt worden. Zudem rief die Polizei Autofahrer in der Gegend dazu auf, keine Anhalter mitzunehmen.Da der Täter über Kontakte in den Bodenseeraum verfüge, werde auch nicht ausgeschlossen, dass er dorthin unterwegs sei.

Der 29-Jährige wird als 1,79 Meter groß und schlank beschrieben. Er habe ein rundes Gesicht, dunkelblonde, glatte Haare und sogenannte Geheimratsecken. Auffällig seien seine grünen Augen. Er spricht Deutsch mit russischem Akzent, außerdem Russisch und Englisch. Bekleidet sei er mit einem weißen T-Shirt, einer grauen Trainingshose sowie Badeschlappen.

Im Februar hatte das Konstanzer Landgericht den Taximörder zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Revision wurde später abgewiesen. Wegen erheblich verminderter Schuldfähigkeit war er damals in der psychiatrischen Klinik untergebracht worden. Ein Gutachter hatte dem jungenhaft wirkenden Mann schwere Persönlichkeitsstörungen, darunter krankhafte Sexualvorstellungen und Nekrophilie, bescheinigt. Unter Nekrophilie versteht man die Neigung, sich an einer Leiche sexuell zu befriedigen.

Der 29-Jährige hatte zugegeben, dass er beide Frauen töten und anschließend vergewaltigen wollte. Auf die Spur des Mannes, der wenige Tage nach der Tat in Senftenberg in Brandenburg gefasst worden war, hatte eine DNS-Probe geführt, die ihm 2007 nach mehreren kleineren Diebstählen in Singen abgenommen worden war.

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