Anschlag auf Einkaufszentrum in Nairobi:Halten Islamisten weiter Geiseln fest?

Vier Tage nach dem Überfall auf ein Einkaufszentrum in Nairobi sind dort noch immer Schüsse zu hören. Die Einsatzkräfte sollen sich noch mit "ein bis zwei" verbleibenden Terroristen Gefechte liefern. Diese behaupten, noch immer Menschen in ihrer Gewalt zu haben.

Es schien, als sei die Geiselnahme in einem Einkaufszentrum von Nairobi beendet. Korrespondenten schilderten erste Erleichterung in der kenianischen Hauptstadt, berichteten, wie langsam der Alltag zurückkehrte. Doch dann fallen am frühen Dienstagmorgen erneut Schüsse. Die Einsatzkräfte kämpften noch mit "ein oder zwei" Islamisten, berichtet ein AFP-Reporter unter Berufung auf eine Polizeiquelle. Die Angreifer hielten sich in einem oberen Stockwerk des weitläufigen Gebäudekomplexes auf. Nach Angaben von Augenzeugen sind seit Sonnenaufgang immer wieder Schüsse und Explosionen zu hören. Am Vormittag berichteten Augenzeugen per Twitter von einer erneuten schweren Explosion.

Unklar ist auch, ob die Islamisten noch Geiseln in ihrer Gewalt haben - diese behaupten das. Al-Shebab teilte per Twitter mit, die Menschen seien "ziemlich beunruhigt, aber noch am Leben". Die kenianische Polizei beeilte sich jedoch, das - ebenfalls per Twitter - zu dementieren. Der BBC-Korrespondent Kelvin Brown in Nairobi berichtet unter Berufung auf das Rote Kreuz, dass 51 Menschen noch immer vermisst würden.

In der Nacht hatte das kenianische Innenministerium erklärt, das Einkaufszentrum sei unter Kontrolle gebracht worden. "Wir glauben, dass alle Geiseln freigekommen sind", schrieb das Ministerium auf Twitter. Die Sicherheitskräfte vor Ort gaben an, mehrere Geiseln seien gerettet und in ein Militärkrankenhaus gebracht worden.

Das kenianische Militär teilte mit, die Soldaten hätten die letzten sechs Terroristen getötet. Bombenräumkommandos seien im Einsatz, um Sprengsätze unschädlich zu machen. Das könne mehrere Stunden dauern. "Unsere Sicherheitskräfte durchkämmen alle Etagen, um zu sehen, ob jemand zurückgeblieben ist", lautete ein weiterer Tweet des Innenministeriums.

Kämpfer der somalischen Shebab-Miliz hatten das Einkaufszentrum Westgate in Nairobi am Samstag gestürmt, auf Menschen geschossen und sich mit Geiseln in dem Komplex verschanzt. Die radikalislamische Miliz verlangt ein Ende des kenianischen Militäreinsatzes gegen sie in Somalia. Nach Angaben des Roten Kreuzes wurden bei dem Angriff bis zum Montagnachmittag 62 Menschen getötet und bis zu 200 verletzt. Am Montag hatte sich die Lage in dem belagerten Einkaufszentrum dramatisch zugespitzt. Am Mittag stieg plötzlich dichter, schwarzer Rauch aus dem Gebäude auf. Kurz zuvor hatten Ohrenzeugen mehrere laute Explosionen gehört. Nach Angaben des Innenministeriums hatten die Angreifer das Feuer selbst ausgelöst, um die Einsatzkräfte zu verwirren.

Beteiligung ausländischer Angreifer?

An dem blutigen Angriff auf das Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi sollen auch mehrere US-Bürger und eine Britin beteiligt gewesen sein. "Nach unseren Informationen waren zwei oder drei Amerikaner dabei und ich glaube, dass ich von einer Britin gehört habe", sagte die kenianische Außenministerin Amina Mohamed am Montag im US-Sender PBS. Großbritanniens Innenministerin Theresa May sagte der BBC zufolge bei einer Pressekonferenz in Pakistan, sie könne derlei Berichte weder bestätigen noch dementieren.

Bei den US-Bürgern handele es sich um Männer im Alter von 18 oder 19 Jahren, sagte Mohamed. Sie stammten aus Somalia oder der arabischen Welt, hätten aber in den USA, unter anderem im Bundesstaat Minnesota, gelebt. Die Beteiligung von Bürgern der USA und Großbritanniens an dem Angriff zeige "die globale Natur dieses Krieges, den wir führen".

Der Washington Post zufolge, hatten Augenzeugen berichtet, dass die meisten der Extremisten, die den Angriff ausgeführt hätten, ihre Befehle auf Englisch gegeben hätten.

"multinationale Gruppe"

Militärchef Julius Karange betonte, die islamistischen Al-Shabaab-Terroristen stammten aus verschiedenen Ländern. Es handele sich um eine "multinationale Gruppe". Er fügte hinzu: "Wir wissen, wer diese Leute sind. Wir kämpfen hier gegen globalen Terrorismus." Einzelne Nationalitäten nannte er nicht. Von einer Britin wusste Karange offenbar nichts. Er sagte, entgegen anderslautender Meldungen seien alle Täter Männer gewesen. Jedoch hätten sich einige von ihnen als Frauen verkleidet, um die Polizei in die Irre zu führen.

Medienberichten zufolge nahm die Polizei einen Verdächtigen fest, der mit der Attacke in Zusammenhang stehen soll. Der 33-Jährige sei kürzlich zum Islam übergetreten. Er lebe in Meru im Osten des Landes und sei gefasst worden, als er ein Flugzeug in die Türkei besteigen wollte. Das Innenministerium bestätigte zudem weitere Festnahmen am Flughafen.

An der Geiselbefreiung waren offenbar neben der nationalen Eliteeinheit Recce auch Spezialkräfte aus Israel und den USA beteiligt. Dabei ging es anscheinend vor allem um Aufklärung. Tourismusministerin Phyllis Jepkosgei Kandie versicherte Kenia-Urlaubern derweil, dass sie sich in ihrem Land sicher fühlen könnten. "Wir möchten unsere internationalen Besucher und Touristen bitten, keine Angst zu haben", sagte sie. "Sie sind bei uns sicher, wo immer sie auch hinreisen."

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