Kriminalität:Bundesweite Razzia mit Clan-Bezug

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Polizisten dringen bei einer groß angelegten Razzia in ein Haus in Solingen ein. Mit der bundesweiten Aktion gehen die Ermittler auch gegen Mitglieder des Al-Zein-Clans vor. (Foto: Gianni Gattus/dpa)

Die Polizei durchsuchte am Mittwoch 55 Häuser und Wohnungen, hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen. "Es geht bei diesem Verfahren um Hehlerei, Betrug und Erpressung im großen Stil", sagte NRW-Innenminister Reul.

Die Polizei ist am Mittwoch bundesweit gegen mutmaßliche Hehler und Betrüger vorgegangen, darunter Mitglieder des Al-Zein-Clans. Es ging um verschwundene Autos und mutmaßlichen Betrug mit Corona-Hilfen.

Mehr als 300 Polizisten sowie zehn Steuerfahnder waren in fünf Bundesländern ausgerückt. Sie durchsuchten 55 Häuser und Wohnungen. Schwerpunkt war Nordrhein-Westfalen. Dort gab es Razzien in 20 Städten, unter anderem in Solingen, Dortmund und Bochum. Betroffen waren auch Berlin und Hamburg, außerdem Städte in Hessen und Niedersachsen.

Alle 55 Durchsuchungsbeschlüsse und Haftbefehle seien vollstreckt worden, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). "Große Fische sind uns ins Netz gegangen, die anderen Fische werden wir auch noch bekommen." Es gehe bei diesem Verfahren um Hehlerei, Betrug und Erpressung im großen Stil, teilte der Minister mit. Zwei Hauptbeschuldigte in einem der Ermittlungskomplexe seien polizeibekannte Clan-Angehörige, so Reul. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind sie dem Al-Zein-Clan zuzurechnen.

Bei den Durchsuchungen standen zwei Verfahren im Fokus. In einem Komplex sollen in großem Stil hochpreisige Leasing-Autos unterschlagen und mit neuen Kennzeichen versehen weiterverkauft worden sein. Zu den Wagen gehören laut Reul ein Audi Q7, ein Porsche Panamera und eine Mercedes-S-Klasse.

Im anderen Komplex wird gegen 40 Beschuldigte ermittelt. Sie sollen Geldwäsche mit Steuergeldern betrieben haben, sagte Reul. Es seien offenbar Scheinfirmen gegründet worden, um mit ihnen Corona-Hilfen zu ergaunern. "Wir reden hier über eine riesige Summe: mindestens siebenstellig." Der Minister sprach von Berufsbetrügern. "Nach unseren Erkenntnissen bestreiten sie ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch Betrugsdelikte."

Polizei in NRW geht seit Jahren gezielt gegen kriminelle Familienclans vor

Der aus Südostanatolien stammende und seit den 80er-Jahren über Libanon nach Europa eingewanderte Al-Zein-Clan sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Zurzeit stehen Angehörige in Düsseldorf vor Gericht, deren Villa in Leverkusen mit Geld vom Jobcenter bezahlt worden sein soll. Der Staatsanwalt hatte vor wenigen Tagen für den Clanchef eine Haftstrafe von sechs Jahre gefordert. Die Urteile sollen am 22. Dezember gesprochen werden.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen geht seit einigen Jahren gezielt gegen kriminelle türkisch-arabische Familienclans vor. Der Hauptaktionsraum von Clankriminellen ist laut Landeskriminalamt das Ruhrgebiet. Die meisten Straftaten wurden laut "Lagebild Clankriminalität" 2021 in Essen verzeichnet, gefolgt von Recklinghausen, Gelsenkirchen, Duisburg und Bochum. Seit Beginn der Offensive gegen kriminelle Clans im Juli 2018 seien bei mehr als 2000 Razzien etwa 5000 Objekte kontrolliert und 3200 Strafanzeigen aufgenommen worden, hieß es bei der Vorstellung des Lagebilds im April.

Mit dem Begriff Clankriminalität bezeichnet die Polizei eine "sich aus ethnisch abgeschotteten Subkulturen heraus entwickelnde Kriminalität". 2021 war die statistisch erfasste Clankriminalität im größten deutschen Bundesland dem Lagebild zufolge leicht rückläufig. Die Zahl der erfassten Straftaten durch kriminelle Clanangehörige sank um 5,8 Prozent auf 5460. Gleichzeitig sei das Volumen beschlagnahmten Vermögens von knapp vier auf über zehn Millionen Euro mehr als verdoppelt worden. Jedes fünfte Ermittlungsverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität habe 2021 Clan-Bezüge gehabt.

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