Heulende Schiffssirenen, applaudierende Zuschauer: Unter den Augen zahlreicher Schaulustiger startet die "Costa Concordia" ihre letzte Reise in den Hafen von Genua. Am Nachmittag ist der Kreuzfahrtriese, der mehr als zwei Jahre lang vor der Küste Giglios lag, mehr als zehn Kilometer von der toskanischen Insel entfernt. Von der Küste aus betrachtet, ist er nur noch ein kleiner Fleck am Horizont.
Um 8.30 Uhr startete das Abschleppmanöver. Bei der ersten deutlichen Bewegung der Concordia lassen die anderen Schiffe im Hafen von Giglio ihre Sirenen ertönen. Die Menschen, die sich an der Küste versammelt haben, applaudieren.
Das Wrack wird von vier großen Schleppern aufs Meer hinaus gezogen, zwölf Schiffe begleiten den Transport. Der Fährverkehr nach Giglio ist gesperrt. Die Costa Concordia macht sich langsam auf den 385 Kilometer langen Weg in die ligurische Hafenstadt Genua.
Die Stimmung auf der Insel ist ausgelassen. Ein paar niederländische Arbeiter, die an der Bergung der Costa Concordia beteiligt waren, stoßen im Hafen auf den erfolgreichen Beginn des Manövers an.
Das Meer wird um den Schiffskonvoi herum während der gesamten Fahrt abgesperrt sein. Am Mittwochmorgen wagt sich dennoch ein Segelboot in die Sperrzone. Italienischen Medien zufolge handelt es sich um Argentino Pini, einen Bewohner Giglios. "Danke an alle", steht auf einem Banner, das er in die Luft hält. Als die Küstenwache den 1942 auf der Insel geborenen Mann aufgreift, entschuldigt er sich. Er wolle niemandem etwas tun, sondern nur allen danken, die an der Bergungsaktion beteiligt seien. Er wolle die Costa ein letztes Mal grüßen - und an die 32 Opfer der Katastrophe erinnern.
Leiter der Operation ist der Südafrikaner Nick Sloan. Am Mittwochmorgen fuhr er mit einem kleinen Boot zur Concordia. Sloan sieht vor allem den Moment kritisch, wenn das Wrack Korsika passiert haben und dem Seegang des Mittelmeers ungeschützt ausgesetzt sein wird.
Eigentlich hätte die Costa Concordia bereits am Montag ihre letzte Reise antreten sollen. Heftiger Wind und anhaltender Regen über dem Mittelmeer hatten den Beginn des Transports jedoch verzögert.
Zweieinhalb Jahre lang lag das havarierte Kreuzfahrtschiff vor der Ostküste Giglios. Bei einer Fahrt über das Mittelmeer war der Ozeanriese zu nah an die toskanische Insel herangefahren und auf einen Felsen gelaufen. Hier ein Satellitenbild aus dem Januar 2012.
Nach der Katastrophe am 13. Januar 2012, bei der 32 Menschen ums Leben kamen, befand sich das Schiff zunächst in Schräglage.
Im Juli 2013, anderthalb Jahre nachdem sie vor Giglio auf einen Felsen gelaufen war, wurde die Costa Concordia in einer 19-stündigen Aktion aufgerichtet. Die Operation gelang durch Millimeterarbeit. Die erste Etappe der Bergung war geschafft.
Danach verging ein Jahr, bis es mit der Bergung weitergehen konnte. Mitte Juni 2014 wurden 30 teilweise mit Wasser gefüllte Tanks am Schiffswrack befestigt. Im Bild: Ein Taucher bei der komplizierten Vertäuung unter Wasser.
Mithilfe komprimierter Luft wurde das Wasser nach und nach aus den Tanks gedrückt. Dadurch bekam das Schiff Auftrieb und stieg etwa 14 Meter nach oben. Die Schwimmkörper helfen außerdem, die Costa aufrecht im Wasser zu halten.
Um besser an den Wassertanks arbeiten zu können, wurde das Kreuzfahrtschiff 30 Meter hinaus ins Meer geschleppt. Von dort startete seine letzte Reise in den Hafen von Genua.
Aufzüge, die ins Nirgendwo fahren: Wenige Tage vor dem Abtransport der Costa Concordia wurden Fotos aus dem Inneren des Schiffes veröffentlicht. Sie zeigen, wie sehr das Meerwasser das Wrack angegriffen hat. Eine Galerie mit mehreren Bildern aus dem Inneren der Costa finden Sie hier.
Während sich das Wrack auf dem Weg zur Verschrottung befindet, befasst sich ein Gericht im italienischen Grosseto mit der juristischen Aufarbeitung der Katastrophe. Vier Crewmitglieder wurden 2013 zu Haftstrafen von bis zu drei Jahren verurteilt, nachdem sie ihre Schuld eingeräumt hatten. Der Prozess gegen Kapitän Francesco Schettino läuft noch. Er wird beschuldigt, zu nah an Giglio vorbeigefahren zu sein und nach dem Unglück das Schiff verlassen zu haben, obwohl sich noch zahlreiche Passagiere an Bord befanden. Schettino weist jegliche Schuld von sich.