Abramowitsch: Insel in St. Petersburg:Sumpf ist Trumpf

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Der russische Milliardär Roman Abramowitsch kauft mitten in St. Petersburg eine Insel - mit rotem Backstein, Bogen und toskanischen Granitsäulen. Freuen dürfte sich darüber vor allem seine Freundin.

Frank Nienhuysen, Moskau

An Fernando Torres kann es nicht liegen, der hat ja nur 59 Millionen gekostet. War es etwa David Luiz? Für den Verteidiger von Benfica Lissabon hat Roman Abramowitsch lumpige 23 Millionen Euro bezahlt. Nein, das Hobby FC Chelsea trifft keinesfalls die Schuld am schlechten Tabellenplatz des russischen Unternehmers. "Abramowitsch ist aus der Troika herausgefallen", titelte die Zeitung Iswestija. Das Unerwartete ist also eingetreten. Es gibt jetzt drei Menschen in Russland, die noch reicher sind als Abramowitsch.

Roman Abramowitsch mit Lebensgefährtin Darja Schukowa. (Foto: AFP)

Nach Ansicht des Magazins Finans liegt die Rückstufung des Milliardärs unter anderem am träge wachsenden Immobilienmarkt in Europa, in dem Abramowitsch erhebliche Anteile halte. Aber es habe auch mit seinen "sozialen Verpflichtungen" zu tun. Vor allem mit dem Kauf von Neu-Holland, das für ihn eigentlich überflüssig sei und wohl auch wenig abwerfen werde. Neu-Holland ist zwar nicht so groß und bedeutend wie Neu-Amsterdam, das später von den Briten in New York umbenannt wurde, aber doch immerhin eine respektable kleine Insel mitten im Stadtgebiet von St. Petersburg.

Wie ein gleichschenkeliges Dreieck liegt Neu-Holland zwischen dem berühmten Marinskij-Theater, dem Palast des Großfürsten Alexej Alexandrowitsch und dem Admiralitäten-Kanal. Eine ehemalige Werftanlage, die Peter der Große im 18. Jahrhundert im holländischen Stil bauen ließ. Eine Zierde aus rotem Backstein, mit Bogen und toskanischen Granitsäulen. An allen Seiten umgeben von dünnen Wasserstraßen, in denen Abramowitschs Superyachten steckenbleiben würden, und doch mittendrin im prallen Ensemble der Petersburger Sehenswürdigkeiten.

Abramowitsch hat die Kanalinsel über seine Firma New Holland Development ersteigert. Ob er sich damit einen Gefallen getan hat oder vielleicht eher der einflussreichen Petersburger Gouverneurin Walentina Matwijenko muss sich noch zeigen. Denn erst einmal hat er sich als Investor zu einem teuren Umbau der Anlage verpflichtet. Russische Medien berichten von mindestens 300 Millionen Euro, die er in das Projekt investieren müsse. Andererseits vermehren sich Baukosten in Russland gern wie bösartige Krebszellen, und so wird die Summe am Ende womöglich nicht ganz zu halten sein. Und trotzdem, für Gouverneurin Matwijenko kam offensichtlich nur der reiche Abramowitsch in Frage, der das Ganze noch stemmen könnte. Denn aus Neu-Holland soll ein kleines Nebenzentrum in der Mitte von St. Petersburg entstehen. Mit Hotels, Museum, Parkhaus, Geschäften, und einem Konzerthaus. All dies auf sumpfig-weichem Boden und wegen des Denkmalschutzes unter sehr strengen Auflagen. An dem ehrgeizigen Projekt der Stadtregierung ist schon der bisherige Investor gescheitert. Immer wieder schob er Fristen hinaus. Nun will also Abramowitsch helfen. Nur was hat er von der Insel? Ein neues Geschenk für die Freundin, so wie einst Alberto Giacomettis berühmte Plastik "Frau von Venedig"?

Darja Schukowa war jedenfalls mit dabei, als Abramowitsch nach dem Zuschlag für die Insel mit der Gouverneurin über Neu-Holland sprach. Vermutlich erhält sie auch einen Platz auf der Insel - eine Art Filiale ihrer zeitgenössischen Kunstgalerie "Garage", die sie vor drei Jahren in einer ehemaligen Busgarage in Moskau eröffnet hat. Für den Immobilienexperten Ilja Andrejew wäre der Plan plausibel. Denn auch um eine Aufwertung des ganzen Areals geht es. Wenn man ordentliche Einnahmen aus dem Geschäftsgebäude und den Wohnungen haben will, wäre es natürlich ein Vorteil, den Status des Gebiets zu erhöhen, Aufmerksamkeit zu erzielen, irgendetwas Besonderes zu machen. Mit Darja Schukowa ginge das.

Während anderen reichen Russen das Bild einer schönen Frau an ihrer Seite meistens genügt, ist Abramowitsch mit Schukowa en passant zu einem veritablen Kunstsammler geworden. Das braunhaarige ehemalige Model leitet die respektierte "Garage" und warum sonst, wenn nicht wegen seiner interessierten Freundin, ersteigerte Abramowitsch reichlich Kunstwerke auf internationalen Auktionen, von Lucian Freud oder Francis Bacon. Neu-Holland mitten in St. Petersburg dürfte also ein angemessener Ort sein, in einer günstigen Lage: Bis zur Ermitage sind es nur ein paar Minuten zu Fuß.

© SZ vom 14.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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