Weltall:Abgestürzt und verglüht

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Das chinesische Raumlabor "Tiangong 1". (Foto: Fraunhofer Institute/AP/dpa)

Ein knappes Jahr war das chinesische Raumlabor "Tiangong 1" ohne Funkkontakt um die Erde gerast. Nun ist es in die Erdatmosphäre eingetreten und zu großen Teilen verglüht. Wo aber landete der Rest des Wracks?

Die chinesische Raumstation Tiangong 1 hatte die Größe eines Busses. 8,5 Tonnen schwer, 15 Meter lang, raste sie mit 27 000 Kilometern pro Stunde durch das All und umrundete so 16 Mal am Tag die Erde. Nur: Niemand saß am Steuer. Im März 2016 war der Funkkontakt zu der 2011 ins All geschossenen Station verloren gegangen. Nun ist Tiangong 1 in der Nacht zum Montag in die Erdatmosphäre eingetreten und zu großen Teilen über dem Pazifik verglüht, einige Trümmer stürzten ins Meer.

Wie die chinesische Raumfahrtorganisation CMSEO berichtete, erreichte das Raumlabor um 02.15 Uhr deutscher Zeit über dem Südpazifik die Atmosphäre. Ein kontrollierter Absturz über dem Meer war wegen des fehlenden Funkkontakts nicht möglich, die Triebwerke konnten nicht gezündet werden. Bei dem Absturz über dem Meer kam niemand zu Schaden, letztlich verlief er also wie erhofft.

Denn das Raumlabor war der Erde langsam immer näher gekommen, abgebremst von der Atmosphäre. Im Januar war die Station noch auf einer Umlaufbahn in etwa 280 Kilometern Höhe unterwegs. Experten hatten geschätzt, dass etwa 1,5 bis 3,5 Tonnen die Hitze beim Eintritt in die unteren Atmosphärenschichten überstehen und als kleine Stücke auf die Erde fallen könnten, vor allem Teile aus Titan oder Edelstahl.

Bis kurz vor dem Absturz war unklar, wo Tiangong 1 verglühen würde. Experten hatten die Gefahr für Menschen dennoch als sehr gering eingeschätzt. "Die Wahrscheinlichkeit für ein Individuum, von einem Trümmerteil verletzt zu werden, ist so hoch wie die Möglichkeit, von einem Blitz zweimal in einem Jahr getroffen zu werden", sagte Holger Krag von der Europäischen Raumfahrtagentur (Esa). In der Geschichte der Raumfahrt gab es bisher keinen bestätigten Fall, in dem ein Mensch von Weltraumschrott verletzt wurde.

Bis kurz vor dem Absturz war unklar, wo die Trümmer von "Tiangong 1" landen würden

Die Hoffnungen von Sternguckern und Astronomen auf ein spektakuläres Himmelsspektakel beim Absturz aber erfüllten sich nicht. Die Raumstation sei vor dem Sturz in den Pazifik bei Tageslicht über Pjöngjang und die japanische Stadt Kyoto hinweggerast, sagte der US-Astrophysiker Jonathan McDowell. "Es wäre für die Leute toll gewesen, den Absturz beobachten zu können, aber es wird noch weitere Wiedereintritte geben."

Bevor es außer Kontrolle geriet, war Tiangong 1 ein experimentelles Weltraumlabor, mit dem Wissenschaftler Rendezvous- und Andockmanöver testeten. Nach Esa-Angaben gab es zwei bemannte Missionen dorthin. Im Vergleich zur etwa 450 Tonnen schweren Internationalen Raumstation (ISS) war der Tiangong 1 zwar winzig, laut Esa-Experten aber größer als der Weltraummüll, der sonst in der Erdumlaufbahn unterwegs ist.

China hat im Jahr 2016 ein neues Raumlabor ins All geschossen. In Tiangong 2 können nun zwei Astronauten über längere Zeit leben. Auch hat es eine höhere Ladekapazität als der Vorgänger und lässt sich nun auch auftanken. Mit seinen Raumlaboren will China Erfahrungen für den Bau einer eigenen Raumstation sammeln, die um das Jahr 2022 fertig werden soll. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Erde verfolgt ein ambitioniertes Raumfahrtprogramm, das auch den Mond und den Mars als Ziele hat.

© SZ vom 03.04.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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