Wer "Out of Rosenheim" kennt, hat auch Harold Voits magisches Handwerk bereits kennengelernt: Denn die Zauberkunststücke, mit denen Marianne Sägebrecht dem "Bagdad Café" neue Anziehungskraft verleiht, hat der Gründer und Leiter der Zauberakademie mit ihr einstudiert. Auch für das Residenztheater oder für Fernsehserien wie "Der Bulle von Tölz" war Voit, 67, als magischer Berater tätig. 1980 gründete er die Zauberakademie Deutschland (ZAD) am Pullacher Kirchplatz, damals eine kleine Sensation, weil einzigartig in Europa. Heute gibt es zwar Nachahmer, doch die ZAD ist deutschlandweit nach wie vor die einzige staatlich anerkannte Zauberschule.
SZ: Herr Voit, wie kamen Sie selbst zur Zauberkunst?
Harold Voit: Gezaubert habe ich schon als Jugendlicher im Internat, bei den bunten Abenden. Mein Schlüsselerlebnis war die Bekanntschaft mit Jan Torell, der 1973 den dritten Platz in Allgemeiner Magie bei den Zauberweltmeisterschaften in Paris belegte. Ich besuchte damals eine Offiziersschule der Polizei in Lübeck, parallel trainierte mich Torell. Eine Ausbildung in der Zauberkunst war damals nur auf dem persönlichen Weg möglich, im Kontakt mit einem größeren Lehrmeister. Eine Zauberschule gab es nur in Amerika oder beim Moskauer Staatszirkus, die hatten eine Sparte Zauberkunst.
Also kamen Sie auf die Idee, diese Lücke mit einer eigenen Akademie zu füllen?
Angefangen hat es mit Übersetzungen aus dem Englischen, die ich für den "Magischen Zirkel", die Vereinigung der Zauberkünstler, gemacht habe. Dabei merkte ich, dass viele Leute Probleme damit hatten, das Geschriebene in die Praxis umzusetzen. Sie müssen bedenken, dass es damals noch keine Videos und DVDs gab. Da beschloss ich, das zu lehren, was nicht in Büchern steht.
Wie sieht die Ausbildung bei Ihnen aus?
Wir haben aktuell 18 Dozenten, die unterschiedliche Bereiche der Zauberkunst unterrichten, etwa Karten-, Seil- und Körperzauberei sowie Mentalmagie. In den ersten beiden Semestern erlernen die Schüler die Grundtechniken, dann müssen sie eine Prüfung ablegen, um zu den nächsten zwei Semestern vorgelassen zu werden. Da geht es dann um die Entwicklung einer Bühnenpersönlichkeit.
Können Sie das genauer erklären?
Es geht darum, eine authentische Figur zu erfinden, die dem Betreffenden "auf den Leib geschneidert" wird. Zwar sind die Effekte der Kunststücke immer gleich. Trotzdem ist es ein Unterschied, ob ich sie als Weißclown oder als Gauklerin beim Kaltenberger Ritterturnier vorführe. Für alle gilt jedoch: Wer vorgibt, okkulte Fähigkeiten zu besitzen oder als Falschspieler betrügt, fliegt raus. Das unterschreiben alle anfangs in einer "Verpflichtungserklärung".
Wer sind Ihre Schüler?
Da ist die Oma, die ihren Enkeln etwas vorzaubern will. Da ist der Firmenchef, der sich nicht traut, eine Rede vor seinen Angestellten zu halten - für den ist die Zauberkunst ein Hilfsmittel, um sich vor Publikum bewegen zu lernen. Wir haben auch einen Dozenten für Kartenzauberei, der bildet im Hauptberuf Lehrer aus. Dessen Seminaristen standen auf einmal bei uns in der Tür und sagten: Das möchten wir auch machen!. Und es gibt die Studentin, die "eine andere Art des Denkens" lernen will.
Worin besteht diese Andersartigkeit?
Wenn man zaubert, gibt man vor, etwas zu tun, tut aber eigentlich etwas anderes. Beispielsweise wenn ich vorgebe, eine Münze durch den Boden eines umgedrehten Glases zu drücken. Bei dieser Illusion vereine ich zwei Prinzipien - und das trainiert beide Gehirnhälften, wie man heute weiß.