Zwischenbilanz im Stadtrat:Soziale und wirtschaftliche Potenziale

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Geretsried steht aktuell ganz gut da. Was Probleme macht, ist der Mangel an Wohnraum

Von Felicitas Amler, Geretsried

"Geretsried hat Potenzial": Die Überschrift, die Volker Reeh (Geretsrieder Liste) seinem Vortrag als Wirtschaftsreferent des Stadtrats gegeben hat, hätte genauso gut über dem Beitrag seiner für Soziales, Inklusion und Integration zuständigen Kollegin Sabine Lorenz (CSU) stehen können. Die beiden waren am Dienstag die ersten Referenten, die dem Stadtrat in der neuen Amtszeit Berichte abgaben. Die anderen werden nach und nach folgen.

Lorenz betonte Stärken und Schwächen der Stadt im Sozialen. Als große Pluspunkte nannte sie den Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit, die regelmäßigen Integrationsforen, Städtebauförderung mit Quartiersmanagement, Schulsozialarbeit und Vereine wie Caritas, Arbeiterwohlfahrt und VdK. Geretsried habe eine Vielfalt von Kulturen und Nationalitäten: "Wir leben Integration." Ein Projekt hob Lorenz hervor. Am Johannisplatz habe zwar leider die Apotheke geschlossen, sagte sie, diese werde aber von der Stadt, dem Trägerverein, der benachbarten Kirche und dem Jugendrat zu einem Treffpunkt engagierter Anwohner gestaltet: "Eine ganz tolle Geschichte!"

Mehrmals betonte die Sozialreferentin, wie wichtig Präsenzveranstaltungen gerade nach den Lockdowns seien: "Die Leute müssen sich treffen können." Sie lobte auch das Unternehmen Krämmel als Bauherrn des Groß-Wohnprojekts Banater Straße. Krämmel plane mit einem "vorbildhaften Konzept" ein integratives Quartier. Dort seien auch inklusive Wohnformen möglich, "die hier in der Stadt fehlen".

Ein Großteil ihrer Referentenarbeit drehe sich um den Einsatz für Menschen mit Behinderungen, so Lorenz. Barrierefreiheit bleibe ein zentrales Thema. Allenthalben werde sie auf Stolperfallen an Parkplätzen, Baustellen und Aufzügen hingewiesen. Vorbildlich sei die barrierefreie Gestaltung des Karl-Lederer-Platzes, ebenso die dortige Bushaltestelle und jene am Neuen Platz. Eine Bestandsaufnahme aller Busstationen folge.

Als unbefriedigend erwähnte Lorenz die Situation in der Flüchtlingshilfe. Die zuständige Rathausmitarbeiterin sei seit Langem krank, daher fehle es an Kontakten im ehrenamtlichen Bereich. Dies sei für viele, die mit Herzblut bei der Sache seien, "frustrierend und demotivierend". Ein Präsenztreffen sei nun für November angesetzt.

Knapp 25 000 Einwohner, 19 Millionen Euro Gewerbe- und 15 Millionen Einkommensteuer: Die Stadt Geretsried steht aus Sicht des Wirtschaftsreferenten Volker Reeh nicht schlecht da. Sie hat aber nach seiner Überzeugung noch ordentlich Potenzial, was der Vergleich mit anderen Kommunen zeige. So bringe es Unterhaching bei gleich großer Einwohnerzahl auf 19,3 Millionen Euro Einkommensteuer, das deutlich kleinere Wolfratshausen auf 14,7 Millionen.

Reeh legte dem Stadtrat statistische Zahlen vor. Demnach hat Geretsried 2500 Betriebe und rund 8580 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, darunter 3725 in der Produktion, 2086 in Handel und Verkehr und 2750 im Bereich Dienstleistung. 2294 Beschäftigte pendelten aus dem Landkreis ein, nur 428 aus München. Als gering bezeichnete Reeh die Anzahl von 89 Betrieben im Gastgewerbe, "da sind uns Bad Tölz und Penzberg voraus".

Geretsried habe anders als Penzberg mit Roche Diagnostics nicht den einen großen Gewerbesteuerzahler, aber viele treue Betriebe. Die Anzahl der Beschäftigten liege oft nur bei fünf bis zehn Mitarbeitenden. Welches Potenzial aber auch kleine Unternehmen hätten, belegte der Wirtschaftsreferent mit dem Beispiel Sport Utzinger. Dieses kleine Sportgeschäft an der Egerlandstraße habe sich online perfekt aufgestellt. Bei einem Geschäft wie dem Isar-Kaufhaus sei das schwieriger. Man müsse sich vorstellen, welch Aufwand es sei, 40 000 Artikel online zu präsentieren. Reeh betonte aber die Bedeutung des Hauses für Geretsried: "Wir müssen uns unglaublich glücklich schätzen, dass wir das Isar-Kaufhaus haben."

Mit den Neubauten am Karl-Lederer-Platz und an der Egerlandstraße wüchsen neue Verkaufsflächen heran, so Reeh. Hier hätten sich die anliegenden Betriebe der Aktionsgemeinschaft Procit zu einer "City-Offensive" zusammengetan. Übernächste Woche sei ein Workshop geplant, in dem eruiert werden soll, wie die neuen Flächen zu bespielen seien.

Das Gewerbegebiet Gelting ist nach den Worten des Wirtschaftsreferenten ausgereizt. Neue Flächen und neue Formen des Arbeitens erhofft er sich etwa an der Sudetenstraße. Dazu hatte der Stadtrat zuvor einen neuen Bebauungsplan beschlossen, den Reeh nachdrücklich begrüßte. Er appellierte an das Gremium, bei der Planung neuer Gewerbegebiete "den neuen Eigentümern mehr Freiheiten einzuräumen, um Wohnen und Arbeiten optimal zu verzahnen". Denn der allseits beklagte Fachkräftemangel sei ohne Wohnungen überhaupt nicht zu beheben: "Die suchen alle nach Wohnraum", so der Wirtschaftsreferent. Der Wohnungsmarkt aber werde nach Einschätzung des Bayerischen Immobilienverbands überhitzt bleiben: "Das werden wir auch nicht durch Neubauten ändern", sagte Reeh.

© SZ vom 28.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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