Zwei Städte, eine Zukunft:Systematisch zum Wir-Gefühl

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In der Aula der Grund- und Mittelschule Wolfratshausen trafen sich die Stadträte von Geretsried und Wolfratshausen zur gemeinsamen Sitzung. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Stadträte aus Wolfratshausen und Geretsried wollen mit der Zusammenarbeit Ernst machen. In einer Klausur stellen sie Flächennutzungsplan, Mobilitätskonzept und Veranstaltungen oben auf die Liste der Gemeinsamkeiten

Von Susanne Hauck, Wolfratshausen/Geretsried

Die Mauer soll weg. Und zwar die im Kopf, denn es sind es ja keine physischen Schranken, die Wolfratshausen und Geretsried trennen. Was ist dran an der viel beschworenen Städtefeindschaft zwischen den beiden Kommunen? Fragt man die Leute: nicht viel. "Die Bevölkerung kann sich die Stadtgrenzen als nichtexistent vorstellen, sagte Moderator Götz Braun von der Kommunalberatungsgesellschaft Klimakom. "Da heißt es, ich bin in Wolfratshausen aufgewachsen, dann nach Geretsried gezogen und habe keinen Unterschied gemerkt." Die Bürger seien in diesem Punkt weiter als die Lokalpolitiker. Denn: "Im Stadtrat ist die Zusammenarbeit noch nicht so ausgeprägt."

Das soll sich ändern. Und diesmal soll sie auch nicht enden wie vor einigen Jahren, als die Stadträte nach ein paar hoffnungsvollen Treffen zur S-Bahn-Verlängerung im guten Ansatz stecken blieben. So jedenfalls wünschte es sich der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) am Ende der gemeinsamen Klausurtagung am Freitag. Die Mitglieder beider Stadträte hatten sich für ein paar Stunden zusammengesetzt, um in gemischten Arbeitsgruppen über Teamwork bei der Raumordnung, beim Klimaschutz und der Kultur zu beraten. Eine Art Masterplan für die Zukunft also. Die Ergebnisse stellten Moderatoren in der Aula der Grund- und Mittelschule Wolfratshausen vor.

Wie er wurde auch sein Wolfratshauser Kollege Klaus Heilinglechner (BVW) nicht müde, von der prima Arbeitsatmosphäre zu schwärmen. Letzterer sah sich sogar in seinen schlimmsten Befürchtungen widerlegt: "Es ist heute keiner auf den anderen losgegangen", scherzte er. Demonstrativ gute Stimmung also bei dieser Veranstaltung, davon zeugte auch das fröhliche Gefrotzel der Rathauschefs, die sich gegenseitig mit ihrer Zungenfertigkeit aufzogen.

Erster Schwerpunkt könnte ein gemeinsamer Flächennutzungsplan für die städtebauliche Entwicklung sein. Denn beide Kommunen spüren den Siedlungsdruck gleichermaßen. Davon verspricht man sich ein transparenteres Vorgehen und eine bessere Koordinierung bei den Schnittstellen in der Planung, auch wenn jeder autark bleiben soll. "Es geht nicht darum, sich in die Angelegenheiten des anderen einzumischen." Ganz oben auf der Liste steht auch der Wunsch, die Städtefreundschaft mit einem Mobilitätskonzept zu besiegeln. Bausteine dafür könnten eine gemeinsame Stadtbuslinie sein sowie verschiedene Maßnahmen, mit Carsharing, Ausbau der Radwege und einem reduzierten Parkplatzangebot den Individualverkehr in den Innenstädten zu verringern.

Eine weitere Arbeitsgruppe hielt lobend fest, dass die Zusammenarbeit in manchen Bereichen schon sehr gut funktioniere, wie etwa zwischen den beiden Volkshochschulen. Ausbaufähig sei hingegen noch der Wissenstransfer zwischen den Verwaltungen und die Verzahnung von Stadtwerken und Bauhof. Vielleicht am wichtigsten waren die Überlegungen zur Schaffung eines Wir-Gefühls. Dabei räumt man einer Kooperation bei Veranstaltungen die größten Chancen ein. "Machen Sie mal eine in Wolfratshausen, eine in Geretsried", riet Braun. "Und erfinden Sie die eine oder andere neue Veranstaltung, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken."

An letzterem versuchte sich auch der Wolfratshauser Stadtrat Fritz Meixner (SPD), und zwar mit einem Wortspiel aus den Städtekürzeln "WOR" und "GER". In einem gemeinsamen Logo sollen die Anfangsbuchstaben für Werte für "wechselseitig", "offen" und "regelmäßig" respektive "gemeinsam", "effizient" und "richtungsweisend" stehen.

Trotz aller Beteuerungen schwebte die Grundangst über der Veranstaltung, dass "das Treffen im Sand verläuft und die erarbeiteten Lösungen verloren gehen", wie Moderatorin Alexandra Bolle aus ihrer Gruppe berichtete. Vor allem, wenn sich die Zusammensetzung im Stadtrat wieder ändere. Deswegen wurde der Wunsch nach einem gemeinsamen Beirat "über Wahlen und Personen hinaus" laut.

Damit es nicht beim Good-Will-Lippenbekenntnis bleibt, ist die nächste Klausur bereits für Ende Januar noch vor den Kommunalwahlen angesetzt. Dann sollen die Stadträte "systematisch in die Materie einsteigen und den Themenkatalog Schritt für Schritt abarbeiten", so Heilinglechner. Beide Bürgermeister wollen sich die Zusammenarbeit nicht miesmachen lassen. "Sie ist viel besser als ihr Ruf", schwor Müller die Anwesenden ein. Und Heilinglechner hatte das Schlusswort: "Gemeinsam sind wir stark, und wir zeigen auch denen da oben, dass wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen." Er war zufrieden: "Wie oft heute das Wort 'gemeinsam' gefallen ist, das stimmt mich hoffnungsvoll."

© SZ vom 21.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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