Wolfratshauser Erinnerungsort:Badehaus-Biografen

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Die "Bäume der Erinnerung" im Badehaus sind derzeit verwaist, aber die Arbeit geht weiter. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ehrenamtliche arbeiten weiter, sorgen sich aber um die Finanzen

Der Erinnerungsort Badehaus in Waldram ist wie alle staatlichen und städtischen Museen Corona-bedingt geschlossen. Hinter den Kulissen geht die Arbeit jedoch weiter. "Wir versuchen, aus der Not eine Tugend zu machen, und konzentrieren uns auf die biografische Arbeit und die Kontakte zu Zeitzeugen", sagt Sybille Krafft, Vorsitzende des Vereins Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald. Denn darin liege der "besondere Schatz" des Badehaus-Projekts. "Wir haben Zeitzeugen zum Anfassen." Nun gelte es, diesen Schatz rechtzeitig zu heben und ihn für kommende Generationen zu bewahren.

15 Frauen und Männer haben sich laut Krafft in der Arbeitsgruppe Biografie zusammengetan. Jede und jeder von ihnen soll zwei Zeitzeugen unter die Fittiche nehmen und Kurzbiografien erstellen. Manche müssen dazu Kontakte nach Israel oder die USA knüpfen, andere nur vor die Haustüre gehen. Denn neben den Geschichten jüdischer Überlebender des Holocausts, die einst im DP-Lager Föhrenwald untergebracht waren, sammeln die Badehaus-Biografen auch die Geschichten Heimatvertriebener, die von 1956 an planmäßig im heutigen Stadtteil Waldram angesiedelt wurden.

Auf Hausbesuche müssen alle Aktiven derzeit natürlich verzichten. "Wir telefonieren viel und nutzen neue Formate", sagt Krafft. Die jüngste Vorstandssitzung etwa habe erstmals in Form einer Videokonferenz stattgefunden. "Zehn Leute, alle sehr diszipliniert."

Die Corona-Krise trifft die Ehrenamtlichen mitten in ihrem mit großem Aufwand geplanten Festjahr. Zum 75. Mal jährt sich heuer das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Gründung des DP-Lagers Föhrenwald. Der Badehaus-Verein hatte Ausstellungen, Zeitzeugengespräche, Filmabende und Feste geplant. Zwei Konzerte mussten bereits abgesagt werden. "Unsere große Hoffnung ist nun, dass wir zumindest die Großveranstaltung im Herbst abhalten können", sagt Krafft.

Sorgen macht ihr die finanzielle Situation. Kurz vor der Schließung des Museums hätten sie noch den sechstausendsten Besucher feiern können. "Wir waren in einem so guten Flow - jetzt steht alles still." Neben den Eintrittsgeldern fielen vor allem die Spenden weg, mit denen begeisterte Besucher häufig spontan die Vereinsarbeit würdigten. Zudem fehlten die Einnahmen aus Führungen, die Mitarbeiter für Schüler und Senioren, Betriebe oder Kirchengemeinden anböten, und die Erlöse von Benefizveranstaltungen. "Das alles sind Bausteine für den Unterhalt." Was sich nicht ändere, seien die regelmäßigen Ausgaben wie Bauunterhalt und Betriebskosten, Versicherungen oder Wartungsverträge. "Im Monat kostet uns Corona wohl 5000 Euro", schätzt Krafft. Derzeit zehre der Verein noch von einem kleinen Polster, das er für etwaige Reparaturen angespart habe.

Was ihr Angst bereite: "Dass eine staatliche Förderung womöglich nun in unerreichbare Ferne rückt." Bislang wird der laufende Betrieb des rein ehrenamtlich geführten Erinnerungsorts von keiner staatlichen oder kommunalen Stelle gefördert. Die Hoffnung, dass sich das bald ändern könnte, schwinde. "Ehrenamtliche Projekte fallen immer als erstes hinten runter", sagt Krafft. "Dabei wollen wir ja etwas entwickeln, etwas wachsen lassen."

© SZ vom 03.04.2020 / stsw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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