Eklatanter Mangel:Wolfratshausen braucht dringend Sozialwohnungen

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Obdachlosenbetreuerin Ines Lobenstein stößt im Stadtratsausschuss auf offene Ohren

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

In der Stadt entstehen viele neue Wohnhäuser. Doch an bezahlbaren Wohnungen mangelt es. Darin sind sich Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) und Obdachlosenbetreuerin Ines Lobenstein einig. Deshalb will der Bürgermeister den sozialen Wohnungsbau vorantreiben. Konkrete Überlegungen existieren zwar noch nicht. Er kündigte am Montag auf SZ-Nachfrage aber an, bald darüber im Bauausschuss des Stadtrats diskutieren zu wollen. Wolfratshausen brauche bezahlbare Wohnungen, aber nicht allein für Hartz-IV-Empfänger. Auch viele Rentner könnten die hohen Mieten oft nur noch schwer bezahlen. Wolfratshausen dürfe nicht nur eine Stadt für Betuchte werden, sagte Heilinglechner.

Seiner Ansicht nach ist neuer sozialer Wohnungsbau nur auf städtischen Grundstücken möglich. Private Grundstücke für diesen Zweck zu erwerben sei nicht zu refinanzieren. Vorstellbar sei, bisher anderweitig genutzte städtische Grundstücke umzunutzen. Zur Debatte steht seiner Aussage aber auch die sogenannte Coop-Wiese in Waldram. Das Grundstück sei vor Jahren für sozialen Wohnungsbau überplant worden. Konkrete Standorte festzulegen sei aber Sache des Stadtrats.

Im Sozialausschuss hat Lobenstein gerade zum wiederholten Mal mehr Sozialwohnungen in Wolfratshausen gefordert. Sie betreut die Wärmestube am Obermarkt und das städtische Obdachlosenheim in der Münchner Straße. In der Stadt fielen bis 2020 viele Sozialwohnungen weg, meist werde nur noch im hochpreisigen Segment gebaut, sagte sie. Hartz-IV-Empfänger, Rentner, Alleinerziehende oder anerkannte Asylbewerber könnten sich auf dem freien Markt keine Wohnung mehr leisten. Laut Lobenstein sind die Obergrenzen der Kaltmiete für Hartz-IV-Empfänger von 360 Euro für eine Einzimmerwohnung und 804 Euro für einen Sechs-Personen-Haushalt im Landkreis nicht mehr zeitgemäß. Selbst Berufstätige täten sich da mit der Finanzierung schwer.

Es fehlt nicht an Wohnungen in der Stadt, aber an solchen, die sich ärmere Menschen leisten können. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Stadträte im Sozialausschuss reagierten betroffen. "Wir brauchen Sozialwohnungen", sagte Sibylle Ulbrich (Grüne). Sie plädierte dafür, auch unkonventionelle Lösungen zu suchen. Sie verwies auf Modelle, in denen ältere Alleinstehende ihre großen Wohnungen für Menschen öffneten, die sich sonst die Miete nicht leisten könnten. Eine solche Wohngemeinschaft könne eine "Win-Win-Situation" sein. Ihr sei aber bewusst, dass dieses Modell nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein könne, sagte Ulbrich. Heilinglechner fand den Gedanke gut. Doch die Leute müssten dies selbst organisieren.

Die Baugenossenschaft und die städtische Wohnungsbau und Verwaltungs-GmbH (StäWo) müssten wieder mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, sagte Roswitha Beyer (SPD). Es gebe städtische Grundstücke, auf denen sich das realisieren ließe. Auch Beyer sprach die Coop-Wiese an. Dort gebe es bereits fertige Bebauungspläne für Sozialwohnungen. Seit 2003 schiebe man das schon vor sich her, sagte Beyer. Ihre Frage, welche Wohnungsgrößen denn benötigt würden, konnte Lobenstein nicht eindeutig beantworten. Früher seien vor allem kleine Wohnungen gefragt gewesen, sagte sie. Heutzutage gebe es aber auch vermehrt Familien mit vielen Kindern, die bezahlbaren Wohnraum brauchten.

Jede Kommune sei gefordert zu handeln, sagte Renate Tilke (CSU). Die Wohnungssuchenden nähmen enorm zu. Die Situation habe sich massiv verschlechtert.

Nach Angaben von Georg Saridakis sind rund 130 der insgesamt etwa 300 Wohnungen der StäWo Sozialwohnungen. Die Baugenossenschaft Wolfratshausen soll laut Satzung günstigen Wohnraum bereitstellen. Derzeit verwaltet sie 162 Sozialwohnungen, sagt Geschäftsstellenleiterin Claudia Albert. Einige Wohnungen fielen in den kommenden Jahren aber aus der Sozialbindung.

© SZ vom 10.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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