Wolfratshausen:Kunstfrevel: Jugendliche unter Verdacht

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"Da haben einige ihren Alkoholfrust abgelassen": In Wolfratshausen haben Unbekannte Skulpturen demoliert und in der Loisach versenkt. Nun ermittelt die Polizei - und hat eine konkrete Vermutung.

Wolfgang Schäl

Im Fall des Wolfratshauser Kunstfrevels vom Wochenende hat die Polizei die Ermittlungen aufgenommen. Man werde alles tun, um die Sache aufzuklären, versprach Christian Redl von der Wolfratshauser Polizei. Eine heiße Spur habe man bislang aber nicht, weshalb er an mögliche Zeugen appelliert, sich unter Telefon 08171/4211-0 zu melden. Allzu optimistisch ist Redl aber nicht: "Das ist im Dunkeln passiert und offenbar schnell über die Bühne gegangen", vermutet der Dienstgruppenleiter, der im Augenblick davon ausgeht, dass da "einige ihren Alkoholfrust abgelassen haben".

Kaputte Skulptur in der Loisach versenkt: Die Polizei schließt einen Zusammenhang mit der "Hangover Night" am Samstagabend nicht aus. (Foto: Georgine Treybal)

Ähnlich sieht es John Schille vom Wolfratshauser Werbekreis, der die Kunstmeile gemeinsam mit der Vereinigung "Lebendige Altstadt Wolfratshausen" veranstaltet. Er spielt ebenso wie die Polizei auf die "Hangover Night" am Samstagabend in der Loisachhalle an, als Jugendliche sturzbetrunken an der Loisach herumgetorkelt seien. "Das war richtiges Kampftrinken", so Schilles Eindruck. Der Name der Veranstaltung spreche für sich. Der Internet-Auftritt tut dies auch. Er fordert Jugendiche ab 16 Jahren auf, die Ferien "geschmeidig ausklingen zu lassen und hemmungslos zu feiern".

Die "Kunstmeile" sei zwar versichert, so dass Veranstalter und Künstler nicht mit Verlusten rechnen müssen, sagt Schille. Fatal ist nach seinen Worten, dass einige der Skulpturen bereits verkauft waren, so etwa der "Musiker " und der "springende punkt". Die einzige noch völlig unversehrte Skulptur - die "Tänzerin" im japanischen Garten von Hans Neumann wird abgebaut. Die noch in der Loisach liegenden Werke sollen am Mittwoch von der Wolfratshauser Feuerwehr geborgen werden. Unterkriegen lassen sich die Veranstalter nicht. Schille tendiert aber dazu, die nächste Kunstmeile mit einer Videoüberwachung auszustatten, was technisch kein Problem sei und nur genehmigt werden müsse.

Das wird wohl eine der Fragen sein, mit der sich an diesem Dienstag der Stadtrat auseinandersetzt. Dort will Bürgermeister Helmut Forster darüber diskutieren, wie man derlei Übergriffen vorbeugen kann. Man müsse "mit allen Mitteln dagegen vorgehen."

Die Mutmaßung, es seien die Hangover-Besucher am Werk gewesen, teilt Forster nur bedingt: Schließlich habe die Veranstaltung am Samstag stattgefunden, der erste Kunstfrevel indes schon in der Nacht zuvor. Zusammenhänge sieht er gleichwohl, er habe selber junge Leute beim "Vorglühen" gesehen. Und mit dem Alkoholpegel schwinde jede Hemmschwelle. Falls die Täter nachweislich aus dem Kreis der Hangover-Gäste kommen, werde man die Veranstaltung nicht mehr genehmigen.

Otto Süßbauer dürfte von allen Künstlern am schwersten betroffen sein, denn "Vater unser" ist schon seine dritte Arbeit, die in Wolfratshausen beschädigt wurde. Bei der Skulpturenausstellung anlässlich der Tausendjahrfeier hatten Unbekannte zwei Arbeiten von ihm beschädigt. Bis gestern wusste er selbst von dem Vorfall nichts, er ist derzeit auf einem Bergurlaub. "Ich sage es ihm erst, wenn er kommt", sagte seine Frau Marianne Süßbauer. Dass mit dem Anschlag auch die Arbeit ihres Mannes gemeint sein könnte, glaubt sie nicht. Es sei wohl eher der Platz am Loisachufer, der zu derlei Taten verleihe, und natürlich der Alkohol.

Was sich da ereigne, sei "traurig und schade für Wolfratshausen". Damit trifft sie bei den Wolfratshauser Geschäftsleuten. Beispielsweise bei Maurizio Faganello, Stadtrat der Bürgervereinigung und Inhaber des Eiscafés Cristallo. Er beklagt plädiert dafür, die Wolfratshauser Nachtlokale aufzufordern, künftig Ausschreitungen ihrer Gäste zu verhindern.

© SZ vom 14.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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