Wolfratshausen:Götterfunke im Paradies

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Beethovens 9. Sinfonie erklingt auf der Wiese vor dem Gemeindestadl - und die Freunde der "Iffeldorfer Meisterkonzerte" strömen herbei

Von Anja Brandstätter

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Andrea Fessmann dirigierte Beethovens Neunte.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Das SERAPHIN-Ensemble München trat gemeinsam mit dem KlangKunst Chor Iffeldorf und den Sängerinnen und Sängern des #trotzcorona Chors München beim Open Air Konzert auf.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein Stück Erde mit rot-weißem Flatterband abgesteckt, dazu noch Stühle: Fertig ist das perfekte Konzert-Ambiente.

Iffeldorf - Wer nicht weiß, wo sich der Gemeindestadl in Iffeldorf befindet, geht einfach den vielen Menschen hinterher, die teils herausgeputzt, teils leger gekleidet das Dorf hinunter in Richtung Kiosk wandern. Jung und Alt, Dorfbewohner, Urlauber und Besucher von weiter her ziehen auf die riesengroße Wiese, die mit einem rot-weiß gestreiften Flatterband abgetrennt ist. Innerhalb der Abtrennung sind nummerierte Stühle aufgestellt, zum Teil einzeln stehend, zum Teil paarweise zusammengestellt. Platz gibt es im Überfluss für die Aufführung von Beethovens neunte Sinfonie im Rahmen der Iffeldorfer Meisterkonzerte. An das Gelände grenzt ein Naturschutzgebiet, bei Sonnenschein meint man, mitten im Paradies zu sein. Freude und Freundschaft ist das Thema des Abends. Kein Werk passt besser zu den zwei Jubiläen, die es zu feiern gibt, als Beethovens Neunte: Die Iffeldorfer Meisterkonzerte feiern ihr 2020 begangenes 30-jähriges Bestehen nach, Andrea Fessmann ist zudem seit zehn Jahren Intendantin - noch so eine runde Zahl.

Da große Besetzungen, wie sie die Beethoven-Sinfonie mit Chor erfordert, pandemiebedingt nur im Freien stattfinden können, ist Fessmann angesichts des freitagabendlichen Sonnenscheins erleichtert. "Wir hätten vergangene Woche nicht geglaubt, dass das Wetter so schön ist." Sie bedankt sich auch bei allen Mitarbeitern, der Feuerwehr und der Gemeinde. Es scheint, als hätte der ganze Ort an einem Strang gezogen, um das Projekt zu stemmen.

Und dann geht es auch schon los. Mehr als 140 Musiker, darunter namhafte Solisten wie Christina Roterberg, Barbara Schmidt-Gaden, Martin Petzold und Klaus Mertens, versetzen mit ihrer Leidenschaft das Publikum in Begeisterung. Die Akustik ist erstaunlich gut. Lediglich die Solisten werden per Mikrofon verstärkt. Begleitet von Kuhglockengeläut und Vogelgezwitscher geht langsam die Sonne am Horizont unter.

Ein Konzertsaal unter freiem Himmel. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein paar Zaungäste haben sich eingefunden und sitzen in der Wiese, um der Musik zu lauschen - bis schließlich der Schlusschor einsetzt: "Freude schöner Götterfunke". Begleitet vom Triangel-Einsatz des zehnjährigen Johannes, sein erster Auftritt vor großem Publikum. "Es ist aufregend, unbeschreiblich", sagt er später und strahlt über das ganze Gesicht.

Nach dem Schlussakkord ist das Publikum nicht mehr zu halten: Tosender Applaus und Bravo-Rufe halten für Minuten an. Und dann geht es plötzlich Schlag auf Schlag. Die Musiker räumen die Stühle auf und bilden hierfür eine Kette. "Alle helfen mit, das ist doch das Schöne", sagt eine Musikerin. Ruckzuck räumen sie die Begrenzung auf, die technischen Geräte werden in Kisten verstaut und in emsiger Kürze verwandelt sich der Konzertplatz wieder in eine einsame Wiese vor dem Gemeindestadl.

© SZ vom 26.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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