Die Strafanzeige des Grünen-Sprechers Hans Schmidt wegen einer Ausnahmegenehmigung zum Einsatz des Fungizids Systhane 20EW am Golfplatz Bergkramerhof im Wolfratshauser Wasserschutzgebiet beschäftigt die Behörden. Das Landratsamt hat diese Genehmigung für dieses und einige andere Präparate 2009 erteilt und heuer widerrufen, weil seit dem vergangenen Jahr am Golfplatz wiederholt Abwasserreste und Spuren von Pflanzenschutzmitteln gefunden wurden. Dies gilt ausdrücklich nicht für das tief darunter dahinströmende Grundwasser, wie das Landratsamt aufs Neue versichert. Wie gefährlich das Präparat und sein Wirkstoff Myclobutanil wirklich sind, ist offen.
Das Landesamt für Umwelt bescheinigt dem Systhane-Wirkstoff Myclobutanil folgende Eigenschaften: "hohes Versickerungsrisiko, sehr persistent, umweltgefährlich, gesundheitsschädlich, kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen". So zitiert das Landratsamt selbst die Behörde, und zwar im Widerruf der Ausnahmegenehmigung. Unter anderem darauf stützt sich Schmidt bei seiner Anzeige, die sich gegen das Landratsamt und das fachlich beratende Wasserwirtschaftsamt richtet. Der Einsatz eines solchen Stoffs im Wasserschutzgebiet hätte nach seiner Überzeugung nie gestattet werden dürfen.
Allerdings sind Präparate mit dem gleichen Wirkstoff, wenn auch in niedrigerer Konzentration, für den privaten Gebrauch im Garten oder im Rosenbeet frei in jedem Gartenmarkt und im Internet erhältlich. In der Landwirtschaft darf Myclobutanil etwa im Weinbau, im Gurkenanbau oder in der Aprikosenzucht großflächig verwendet werden - und zwar ohne Einschränkung auch in Wasserschutzgebieten. Trotzdem kann der Landkreis einzelne oder alle Pflanzenschutzmittel per Schutzgebietsverordnung verbieten, wie er es für den Bergkramerhof 2008 getan hat. Um eine Ausnahme von genau dieser eigenen Verordnung dreht sich der Streit.
Teil der Genehmigung sei in jedem Fall die Auflage gewesen, die Anwendungshinweise des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zu beachten, versichert das Landratsamt. Zu diesen zählt praktisch bei allen Pflanzenschutzmitteln der Hinweis, dass das Präparat nicht in offene Gewässer oder in Drainagen gelangen darf. Die belasteten Proben, die Anlass für alle aktuellen Auseinandersetzungen waren, stammen aber genau aus einer solchen Entwässerungseinrichtung, nämlich aus dem Schacht eines Rohrnetzes, das noch im Schutzgebiet in einen offenen Graben zur Loisach mündet. Die Proben enthielten laut Unterlagen des Landratsamts zudem Spuren von sieben Wirkstoffen, die nicht von der Ausnahmegenehmigung gedeckt waren.
Eine grundsätzliche Zulassung von Myclobutanil für Golfplätze hat es laut Landratsamt zum Zeitpunkt der Ausnahmegenehmigung gegeben. Seit einer Gesetzesänderung 2012 gibt es sie nicht mehr. Seither sind unter anderem auf Golfplätzen alle Mittel verboten, die das BVL nicht als erlaubt auflistet. Auf dieser Liste stehen Systhane 20EW und sein Wirkstoff nicht. Die Neufassung des Pflanzenschutzgesetzes hat auch die Zuständigkeiten verändert: Zuvor war für Pflanzenschutzmittel auf Bayerns Golfplätzen das Landwirtschaftsamt Rosenheim zuständig, das Systhane 20EW im Jahr 2009 auch für die Flächen am Bergkramerhof genehmigt hat, die nicht im Wasserschutzgebiet liegen.