Wolfratshausen:Bambusstock als Schußwaffe

Lesezeit: 2 min

Illegaler "Schießstock": Der Spazierstock einer Witwe aus Wolfratshausen entpuppte sich als gefährliche Waffe. Das Amtsgericht hat die Frau nun zu einer Geldstrafe verurteilt.

Manche Gegenstände können harmlos aussehen und doch gefährlich sein. Etwa der Spazierstock, den eine Frau nach eigenen Angaben jahrelang in ihrem Schirmständer in Dietramszell stehen hatte. Weil es sich bei dem Bambusstock jedoch um eine gut getarnte Schusswaffe handle, so der Vorwurf, musste sich 62-jährige Witwe wegen vorsätzlichen unerlaubten Waffenbesitzes am Mittwoch vor dem Wolfratshauser Amtsgericht verantworten.

Den "Schießstock" hatte sie von ihrem Ehemann zusammen mit drei Kurzwaffen geerbt. Auf ihrer Waffenbesitzkarte war das illegale Stockgewehr jedoch nicht eingetragen. Vor Gericht bestritt die Angeklagte, von der Zusatzfunktion des Stabes gewusst zu haben. Ihr verstorbener Ehemann habe ihr lediglich gesagt, dass es sich um eine Antiquität aus der "napoleonischen Zeit" handle. Er habe sie in den 70er Jahren von einem Bekannten erhalten, der seine Schulden nicht bezahlen konnte.

Die 62-Jährige selbst hatte die Polizei auf den Besitz der seltenen Waffe aufmerksam gemacht. Die Beamten waren am 22. Oktober 2008 bei ihr erschienen, nachdem vom Sohn des Untermieters der Witwe verständigt worden waren. Der hatte sich um seine Mutter gesorgt, die sein Vater in einem Gerichtsprozess bedroht hatte. Von Besuchen in Dietramszell wusste er, dass die Vermieterin scharfer Waffen hat, und befürchtete, sein Vater könne sich eine davon aneignen.

Bestürzt über die Anzeige habe sie den Polizisten ihren Waffenschrank geöffnet und neben den drei legalen Waffen auch den Schießstock überreicht, sagte die Angeklagte. Ein als Zeuge geladener Polizist gab an, er habe den Stock nicht als Waffe erkannt, bis er beim Drehen des Knaufes ein Klickgeräusch gehört habe. Bei dem Schießstock handle es sich um eine im 19. Jahrhundert verbreitete Geheimwaffe, sagte Martin Gassinger, Sachverständiger des bayerischen Landeskriminalamts (LKA). Die Waffe, mit der man eine Kugel über einen Knopf am Knauf abfeuern könne, sei scharf. Allerdings habe die Angeklagte keine Munition besessen, selbst das LKA habe das Kaliber nicht auftreiben können. Beim Versuch, den Schließmechanismus vor Gericht zu demonstrieren, klemmte dieser jedoch.

Richter Helmut Berger sah es als erwiesen an, dass die Frau von der Funktion des Stockes gewusst habe. Dass sie diesen den Polizisten gemeinsam mit den anderen Waffen gezeigt habe, sei ein "recht deutliches Indiz" dafür. Die Witwe nahm schließlich den Strafbefehl an und muss nun eine Geldstrafe von 350 Euro zahlen. Auf Bergers Frage, ob sie mit einer Beschlagnahmung einverstanden sei, antwortete sie: "Gerne." aip/phib

© SZ vom 05.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: