Wohngebietsentwicklung:Das neue Wir-Gefühl

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Der Geretsrieder Stadtteil Stein mausert sich. Am Samstag können Besucher sich davon selbst ein Bild machen

Von Felicitas Amler, Geretsried

Noch bis in die Zweitausenderjahre hinein war diese Verachtung zu hören: "Was, du willst nach Stein ziehen! Um Himmels willen." Georg Hodolitsch hat das Ende der Siebziger erlebt, Marion Wagner noch 2007. Hodolitsch kam aus Gartenberg, Wagner aus Ascholding. Der südlichste Geretsrieder Stadtteil Stein war einst der Standort eines Übergangswohnheims für Aussiedler und ein sozialer Brennpunkt. Deutsche aus Russland, Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien sind bis heute dort zu Hause. Stein galt Menschen mit klar definierten Vorurteilen - insbesondere solchen gegen Ausländer - lange als jene Ecke Geretsrieds, in der "man" lieber nicht wohnen wollte. Das sollte sich in den vergangenen zwei Jahren geändert haben.

Stein ist im Städtebauförderprogramm "Soziale Stadt" und hat einen vom Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit eingerichteten Quartierstreffpunkt. Die Quartiersmanagerin Sandra Mader ist begeistert davon, was da an sozialen Kontakten gewachsen und an Initiativen entstanden ist: "Wir müssen uns nicht mehr überlegen, was für Veranstaltungen wir machen, weil wir so viele Themen von den Leuten kriegen."

Ein Seniorencafé wurde etabliert, es gibt Bastelnachmittage, Tanztreffs, Computerkurse, Familien-Frühstück, Spieleabende und Yoga-Kurse. Marion Wagner, die im fünfköpfigen Quartiersbeirat arbeitet, sagt, der Slogan, der am Schaufenster des Quartierstreffs steht, bringe die Entwicklung auf den Punkt: "Wir sind Stein", genau das sei es - ein starkes Wir-Gefühl. Alle Nationen kämen hier zusammen, die Kinder wüchsen in dieses Miteinander hinein, und die Älteren genössen es, den Jungen von früher zu erzählen. Wagner, die eine neunjährige Tochter hat, findet das großartig: "Es hat sich so viel getan." Und die Infrastruktur stimme ohnehin: "Wir haber hier alles, vom Bäcker bis zum Arzt."

Am Samstag wollen die Steiner das auch anderen zeigen: Am Tag der Städtebauförderung laden sie zu einem Anwohnerfest, bei dem das Modell des geplanten Bürgerhauses vorgestellt und Zukunftsideen für Stein präsentiert werden. Besucher können sich ein Bild machen von dem Stadtteil, der sich in einen Kern mit Mietblocks und einen Gürtel mit Villen und großen Gärten gliedert. Die Stadt hat dort Ende der Siebzigerjahre Grundstücke günstig angeboten - was seinerzeit der Grund für Hodolitsch war, vom "Blumenviertel" im Norden nach Stein im Süden umzuziehen. Wie sich der Stadtteil weiter entwickelt, wird auch ein wenig von den vielen neuen Bewohnern abhängen, die sich von Juni an dort niederlassen - in einem großen Neubau mit Miet- und Eigentumswohnungen. Über die Preise, die da im einst so verachteten Stein plötzlich gezahlt werden, können Wagner und Hodolitsch jedenfalls nur staunen: 600 000 Euro für eine Vier-Zimmer-Wohnung.

Tag der Städtebauförderung mit Radtour: Samstag, 11. Mai, 14 Uhr Steiner Ring 10. www.jugendarbeit-geretsried.de

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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