Wohin im Alter?:Pflegeheim sucht Platz

Lesezeit: 3 min

Weil das Josefistift an der Tölzer Bahnhofstraße nicht mehr den Vorgaben entspricht, muss es neu gebaut werden. Doch die Mehrheit der Stadträte überzeugt bislang keiner der neuen, geprüften Standorte

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Josefistift muss neu gebaut werden. Zumindest darin waren sich die Tölzer Stadträte in ihrer Sitzung am Dienstagabend einig. Über das Wo gingen die Meinungen jedoch auseinander. Das Alten- und Pflegeheim, das nicht mehr die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt, könnte abgerissen und an der selben Stelle an der Bahnhofstraße neu errichtet werden. Dies müsste in drei Bauabschnitten geschehen, würde sechs Jahre dauern und verschlänge Gesamtkosten von 26,8 Millionen Euro. Diese Option, die von der Stadtverwaltung abgelehnt wird, wollte sich die Mehrheit der Stadträte nicht vom Tisch nehmen lassen. Mit 13 zu acht Stimmen folgten sie einem entsprechenden Antrag von Willi Streicher (SPD). Zugleich sollen allerdings alternative Standorte für einen Neubau geprüft werden.

Mehr als 500 Unterschriften hatte die Tölzerin Sieglinde Dorfmeister voriges Jahr gesammelt, damit das Josefistift an seinem angestammten Platz bleibt. "Es ist ein schwieriges Thema, weil es letztlich mit vielen Emotionen verbunden ist", sagte Stadtkämmerer Hermann Forster. Fakt ist, dass das Haus mit etwa 90 Pflegeplätzen nicht mehr den Vorgaben der 2011 erlassenen "Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes", kurz: AVPfleWoqG, entspricht. 38 Einzel- und Doppelzimmer sind zu klein, 58 Zimmer haben keinen eigenen Zugang zu Bad und WC. Ein Umbau im Bestand ist aus statischen Gründen nicht möglich. Und die Zeit drängt langsam: Die Heimaufsicht hat der Josefispital-Stiftung als Träger nur bis Ende August 2021 noch Zeit gegeben, einen Ersatzbau auf den Weg zu bringen. Deshalb beauftragte die Stadt die Fachfirma "Gesellschaft für soziales Planen" (GSP) aus Stuttgart, zwei Standorte für ein neues Josefistift zu prüfen: das bisherige Gelände an der Bahnhofstraße sowie das Areal des Jugendcafés an der Hindenburgstraße. Der Neubau soll auf 120 Pflegeplätze - jeweils 30 in vier Wohnsektoren - und acht Kurzzeitpflegeplätze ausgelegt sein. Diese Größe werde in Fachkreisen als bedarfsgerecht und auch als wirtschaftlich erachtet, sagte Forster.

Ein neues Pflegeheim an der Bahnhofstraße wäre möglich, aber kompliziert. Dies verdeutlichte Architekt Henning Volpp von GSP. Das Gelände mit dem angrenzenden Parkplatz an der Peter-Freisl-Straße wäre groß genug und würde zur Hälfte bebaut, der Rest entfiele auf einen Hof und Außenanlagen. Im ersten Bauabschnitt entstünde eine Tiefgarage, wo sich derzeit der Parkplatz befindet, darauf ein Trakt mit 60 Zimmern. Der westliche Gebäudeteil des alten Josefistifts würde abgerissen, die Bewohner zögen um. Danach ist dort im zweiten Schritt das neue Hauptgebäude mit Zimmern und Aufenthaltsräumen geplant. Im dritten Abschnitt würde das östliche Haus abgebrochen und mit Büros für die Verwaltung neu errichtet.

Die Bauzeit veranschlagte Volpp auf etwa sechs Jahre. Die reinen Basiskosten bezifferte er auf rund 18 Millionen Euro, ohne Abbrucharbeiten, Tiefgaragenbau und Ausstattung. Für Kämmerer Forster brächte diese Variante eine "extreme Belastung für Mitarbeiter und Bewohner" mit sich, durch den Baulärm, durch die Umzüge. Überdies gab er zu bedenken, dass in dieser Zeit kaum jemand in das Josefistift einziehen dürfte. Eine komplette Auslagerung von Bewohnern und Angestellten, etwa in die Lenggrieser Kaserne, bezeichnete er als unrealistisch. Und noch etwas kommt für ihn hinzu: Ein Investor dürfte für diese Lösung nicht zu finden sein.

Nicht viel billiger käme ein Neubau des Pflegeheims auf dem Areal des Jugendcafés. Auch dort betrügen die Kosten zumindest 18 Millionen Euro. Außerdem ist das rund 4400 Quadratmeter umfassende Gelände für das Vorhaben arg klein und müsste nahezu vollständig bebaut werden. Von circa 3000 Quadratmetern Baufläche entfielen knapp 2000 auf den Pflegebereich, sagte Volpp. Die Folge: "Wir haben nur einen Innenhof als einzigen Außenbereich." Für den Neubau müssten alle Bäume dort gefällt werden, die Zahl der Parkplätze wäre überschaubar.

Zu den Stadträten, die den alten Standort an der Bahnhofstraße nicht gleich ad acta legen wollten, gehörten neben Streicher auch Margit Kirste und Seniorenbeauftragte Ulrike Bomhard (beide FWG). "Wir müssen gesichert wissen, was wir in unseren Reihen unterstützen, bevor wir diesen Platz aufheben", meinte Bomhard. Für eine Bürgerbeteiligung plädierte Kirste. Ihrer Ansicht nach bedarf es "grundsätzlicher Überlegungen", wie Senioren in Bad Tölz künftig versorgt werden sollen. "Wir brauchen ein großes Konzept."

Einen anderen Antrag brachte Michael Lindmair (FWG) ein. Seine Idee: Das Josefistift soll an einem anderen Standort neu gebaut werden, das Areal an der Bahnhofstraße dann explizit für eine "soziale städtebauliche Entwicklung zur Verfügung stehen". Ähnlich äußerte sich Christof Botzenhart (CSU). Da der Bedarf an Pflegeplätzen steigen werde, brauche die Stadt das Josefistift künftig als hundertprozentiges Pflegeheim, sagte er. Daneben seien aber andere Wohnformen für aktive Senioren nötig. Das "Filet-Fleckchen" an der Bahnhofstraße sollte man für eben diese sichern. Dem pflichtete Peter Priller (Grüne) bei. Ein Altenheim an der Bahnhofstraße sei "ein totes Modell", meinte er. Der Antrag von Lindmair, das Josefistift gleich an einem anderen Platz zu errichten, wurde jedoch mit zehn zu zehn Stimmen knapp abgelehnt.

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: