Wirtschaftswunder:Ein Lokal für Liebhaber

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Das Münsinger Gasthaus Limm profitiert zwar nicht von seiner Lage, die Fleischgerichte aus der eigenen Metzgerei locken dennoch viele Gäste an. Serviert wird ausschließlich frische Ware, selbst Loriot wusste das schon zu schätzen

Von Benjamin Engel, Münsing

An der hinteren Seitenwand erinnert in der bayerisch-gemütlichen Gaststube mit ihren hellen, schweren Holztischen, den Geweihen, Bildern und alten Fotografien noch eine Zeichnung an den prominenten, einstigen Gast: Rechts neben dem Herrgottswinkel hängt in einem Holzrahmen eines der charakteristischen Knollennasenmännchen, für die Loriot so berühmt war. Dort hatte der vor wenigen Jahren verstorbene Humorist und Ehrenbürger Münsings seinen festen Platz im Gasthaus Limm. Er zählte zu den vielen Gästen, die es noch heute wegen seiner guten Küche mit frischen, regionalen Zutaten aufsuchen. Dazu trägt die hauseigene Metzgerei bei, in der direkt hinter den Gasträumen geschlachtet wird. Die Familie Limm verkauft die Produkte im Ladenlokal im Haus.

Obwohl der kleine Biergarten des Gasthauses Limm direkt an der Münsinger Hauptstraße liegt, ist er bei schönem Wetter bestens besucht. (Foto: Hartmut Pöstges)

Pate für die Küche von Limm steht die Slow Food-Bewegung, die in den 1980er Jahren ihren Siegeszug von Italien aus begann. Slow Food Deutschland hat den Gasthof an der Münsinger Hauptstraße ausgezeichnet. Die Lage ist das Einzige, mit dem das Haus nur schwer gegen andere Gasthäuser in der Region konkurrieren kann. Zwar sind ein paar Tische im Freien mit Stellwänden aus Holz und Blumen vom Straßenverkehr abgetrennt. Gerade tagsüber fahren aber viele Autos vorbei. Wenn sie schon mit der Lage nicht punkten könnten, müssten sie eben mit der guten Qualität überzeugen, sagt der 52-jährige Sebastian Limm. Auf der Karte stehen Milchkalbsbraten mit Reherl in Kräuterrahm und Spätzle oder Tafelspitz vom Ochsen mit geriebenem Meerrettich, Wurzelgemüse, Rahmwirsing und Salzkartoffeln. Genauso serviert Limm den Gästen aber auch Fisch aus dem nahen Starnberger See oder Meeresfische. Dafür greift er nur zu frischer Ware. Tiefgefrorenen Fisch wolle er nicht anbieten, sagt er.

Sebastian und Inge Limm führen das Gasthaus, das auf einer mehr als 100 Jahre alten Tradition aufbaut. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Metzgerei versteht Limm als sein Alleinstellungsmerkmal. Deshalb hat er vor wenigen Jahren einen mittleren sechsstelligen Betrag in sie investiert, um weiter alle Vorschriften erfüllen zu können. Die Metzgerei gibt ihm die Chance, viel für seine Küche zu verwerten. So stelle er Fonds und Soßen selbst her, verwende als Grundlage etwa die Knochen aus der Metzgerei. Zudem verarbeite er Innereien wie Kalbsherz, Bries oder Lüngerl, für die so mancher Liebhaber eigens anreist. Auch die Nudeln wie etwa für Hummerravioli sind selbst gemacht. Was Limm in seiner Küche verarbeitet, ist ebenso saisonal wie regional geprägt. Im Frühjahr serviert der gelernte Metzgermeister und Koch beispielsweise bayerischen Spargel oder Maischolle. Das Rind-, Kalb- und Schaffleisch, das er zum Kochen verwendet, stammt von kleinen Bauernhöfen vielfach aus der Gemeinde und der näheren Umgebung. Er bezieht das Schweinefleisch von ausgewählten Bauern in den Landkreisen Mühldorf, Freising und Erding nordöstlich von München. Gerade im Sommer kauft er direkt von Gärtnerbetrieben aus dem Norden der Landeshauptstadt ein. Ebenso kommt das Wild wie Reh und Hirsch teils sogar direkt aus Münsing. Und wenn die Schwammerl-Saison vor Ort beginne, verarbeite er auch diese Pilze gerne, sagt Limm.

Bereits 1908 kam der Gasthof in Familienhand. Der Brauer Josef Limm kaufte das Anwesen. 1964 eröffnete Sebastian Limm, Vater des jetzigen Wirts, die eigene Metzgerei neben dem Gasthof. 1970 baute er um, errichtete angrenzend an die alte Wirtsstube einen Saal, der heute nicht mehr in der ursprünglichen Form existiert, sich aber durch eine Schiebetrennwand aufteilen lässt. Seine Großmutter und seine Mutter hätten ganz gutbürgerliche Hausmannskost gekocht, sagt der heutige Wirt. Und letztere helfe ihm auch heute noch, soweit sie könne.

Heute führt Limm den Gasthof gemeinsam mit seiner Frau Inge, die vornehmlich die anfallenden Büroarbeiten erledigt, den Service einteilt, aber genauso gut auch an der Schänke aushilft. Limm hat das Metzgerhandwerk in Seeshaupt gelernt und unter anderem im Seehotel Leoni am Starnberger See Kochen gelernt. In den 1980er Jahren konnte Limm ein sechsmonatiges Praktikum im Münchner Restaurant Tantris unter dem damaligen Küchenchef Heinz Winkler machen, das zu dieser Zeit drei Michelin-Sterne hatte. Das sei eine interessante Erfahrung gewesen, sagt Limm. Und womöglich rührt daher auch das Interesse an Weinen, von denen der Koch eine reiche Auswahl in Münsing anbietet. 1987 trat er in das Gasthaus des Vaters ein, der inzwischen verstorben ist. Er habe sich nie weit weg von Münsing bewegen wollen, sagt Limm, was er unter anderem mit seiner Band "Aristocats" erklärt, einer Coverband für die Hits seit den 60er Jahren, die er lange geleitet hat.

Auch wenn der klassische Stammtisch längst nicht mehr die Rolle von einst spielt, lädt Limm heimische Handwerker jeden Freitagnachmittag zum geselligen Beisammensein und Meinungsaustausch in den Gasthof ein. Was die Zukunft bringen mag, weiß Limm nur schwer einzuschätzen. Seit drei bis vier Jahren habe sich kein Lehrling mehr gemeldet. Darin klingt Bedauern, wenn Limm erzählt, wie sie einst jedes Jahr einen neuen Lehrling aufgenommen hätten. Die nächsten 20 Jahre wolle er weitermachen, sagt Limm. Und dann müsse man sehen, wie es um die Gastronomie stehe.

© SZ vom 05.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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