Wie man sich vor Betrug schützt:Im Zweifel 110 wählen

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Bei unseriös wirkenden Anrufen einfach auflegen: Das sei weniger unhöflich als klug, sagt die Polizei. (Foto: Christin Klose/dpa)

Die Polizei informiert bei der AWO über Enkeltricks und Kriminalität an der Haustür

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Ein älterer Herr aus dem Publikum weiß genau, wie er sich vor Gaunern am Telefon schützen kann: "Ich melde mich nie mit meinem Namen", erklärt er, "ich sage immer nur hallihallo!" Gelächter im Saal und zustimmendes Nicken vom polizeilichen Seniorenberater Rudolf Schübbe. Der ist an diesem Donnerstagnachmittag im Nebenzimmer des Gasthauses Flößerei in Wolfratshausen damit beschäftigt, rund fünfzig Gästen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Tipps und Tricks zu verraten, damit sie nicht auf raffinierte Enkeltricks oder betrügerische Haustürgeschäfte hereinfallen. Die Wolfratshauser AWO-Vorsitzende und Familienreferentin Gerlinde Berchtold (SPD) hat zu diesem Nachmittag bei Kaffee und guten Ratschlägen eingeladen, weil "die Generation 60plus immer mehr in den Fokus von Straftätern" gerate.

Das bestätigt Schübbe. Gemeinsam mit dem örtlichen Polizeidienststellenleiter Andreas Czerweny bittet er die Versammelten vor allem ums eins - dass sie im Zweifelsfall beherzt die Nummer 110 wählen und einfach sagen: "Ich brauche Hilfe." Das hat eine 88-jährige Wolfratshauserin vor einiger Zeit nicht getan, wie Czerweny berichtet. Sie ist einem Betrüger auf den Leim gegangen, der sich als Kripo-Beamter ausgab. Eine beliebte Masche, hochprofessionell betrieben, wie die Polizisten erläutern. Im Wolfratshauser Fall hatten die Verbrecher es auf die PIN der Geldkarte der alten Frau abgesehen. Mit der falschen Behauptung, es seien gerade Diebe unterwegs und die Polizei wolle die Karte der Frau schützen, ergaunerten sie die Nummer und erbeuteten 3000 Euro.

Empörter Zwischenruf einer Frau aus dem Publikum: "Es ist so beschämend, alte Leute so auszunehmen." Das Wort trifft es offenbar genau, denn die Polizisten berichten auch, wie sehr sich ältere Menschen, die auf solche Betrüger hereinfallen, oft schämten - so sehr, dass sie manchmal sogar darum bäten, ihre Familien nicht zu informieren.

Dabei solle sich niemand vormachen, er sei gegen alles gefeit, warnt Schübbe. Und auch dies unterstreicht Czerweny. Im aktuellsten Fall, der die Wolfratshauser Polizei "total beschäftigt", sei eine Frau um 2000 Euro betrogen worden. In ihrer Vernehmung habe sie beteuert: "Ich weiß das alles aus der Zeitung, und trotzdem hat es mich erwischt." Der Trick war in diesem Fall besonders ausgeklügelt. Jemand meldete sich mit "Kriminalpolizei München", was die Frau klugerweise in Zweifel zog. Sie erklärte, da wolle sie doch erst einmal bei der Dienststelle in Wolfratshausen nachfragen. Darauf wusste der Anrufer aber prompt zu reagieren: Ja, klar, sagte er, beim Kollegen, und nannte zutreffend den Namen des Wolfratshauser Vize-Polizeichefs Steffen Frühauf. Daraufhin meinte die Frau, na, gut, wenn Herr Frühauf schon Bescheid weiß ...

"Das sind menschenverachtende Profis", sagt Schübbe über all die Betrüger, sei es am Telefon oder an der Haustür, sei es, dass sie Gewinne versprechen oder in einem unbeobachteten Moment Geld aus einem vermeintlich sicheren Versteck in einer Wohnung entwenden. Niemals große Beträge im Haus aufbewahren, warnt Schübbe eindringlich. Und noch ein Hinweis: "Ich gehe davon aus, dass niemand seine PIN im Geldbeutel hat." Eine Frau lacht: "Noch hammas im Kopf - aber wie lang ...?"

© SZ vom 08.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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