Wenn Rettern geholfen wird:Postkarten für die Bergwacht

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Spende mit Ansichten: Der Bereitschaftsleiter der Lenggrieser Bergwacht Florian Siegl und Ilse Raeder präsentieren die Postkarten. (Foto: Manfred Neubauer)

Ilse Raeder hat zahlreiche Sterntüren fotografiert, die typisch für den Isarwinkel sind. Eine Auswahl ihrer Ansichten gibt es jetzt zu kaufen. Der Erlös soll in den Neubau für die Lengrieser Retter fließen

Von Sophia Ulrich, Lenggries

Ilse Raeder fotografiert leidenschaftlich gerne Sterntüren. Es gibt kaum eine, die sie noch nicht vor die Kamera bekommen hat. Die Haustüren mit Sternmotiv gibt es schon seit der Barockzeit. Im Isarwinkel und in Lenggries sind sie bis heute verbreitet. Obwohl die Sterntüren aufwendig verziert sind, nehmen die meisten Menschen sie gar nicht wahr. "Die Leute sollen aufmerksam sein und ihre Wahrnehmung schärfen", fordert Raeder. Dafür hat sie nun eine Aktion gestartet, in der sie ihr Hobby, das Fotografieren, mit einem guten Zweck verbindet: Raeder hat ihre schönsten Sterntür-Bilder zusammengestellt und auf Postkarten gedruckt. "Da sind Grüne, Gelbe, Helle, Dunkle und Alte aus der Barockzeit dabei", berichtet Raeder. 1000 Postkarten gibt es schon, die an insgesamt sieben Verkaufsstellen in Lenggries angeboten werden. Die Druckkosten hat sie selbst übernommen. Den Erlös von einem Euro pro Karte spendet die Hobbyfotografin der Bergwacht Lenggries. Die sei in der Gemeinde sehr präsent und leiste sinnvolle Arbeit, sagt sie. "Außerdem ist sie typisch für Lenggries." Genau wie die Türen auf den Karten.

Die Bergwacht ist dankbar für Raeders Engagement. Die Spende fließt nämlich in die Finanzierung ihres Neubaus. Und der ist dringend notwendig, denn der aktuelle Standort in der Karwendelstraße ist nicht mehr optimal. Die Ausfahrt ist sehr eng und durch die Lage im Wohngebiet besteht Gefahr für spielende Kinder, wenn die Bergretter zu einem Einsatz aufbrechen. Florian Siegl, Bereitschaftsleiter der Bergwacht Lenggries, denkt auch an die Nachbarn: "Wir müssen oft auch mal nachts auf eine Suchaktion ausrücken. Das ist nicht angenehm für die Anwohner." Für die Autos der ehrenamtlichen Mitglieder sei auch zu wenig Platz. An einem Bereitschaftsdienst seien bis zu elf Personen beteiligt, deren Autos neben den Fahrzeugen und Schneemobilen der Bergwacht auch noch untergebracht werden müssten.

Für die Finanzierung des neuen Gebäudes, dessen Standort noch nicht fixiert ist, sind Eigenmittel erforderlich. Die Bergwacht habe durch die ehrenamtliche Tätigkeit der Mitglieder keine festen Einnahmen und könne deshalb keinen Kredit bekommen, erklärt Siegl. "Wir sparen seit vielen Jahren und müssen noch sparen." Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Bergwacht zu fördern. Spenden sind dabei am wichtigsten. Aber auch Handwerker können beispielsweise mit ihrer Arbeitsleistung oder mit Material helfen. Das aktuelle Gebäude der Bergwacht Lenggries in der Karwendelstraße wurde vor 35 Jahren vollständig in Eigenleistung von den Mitgliedern gebaut. Aber auch Menschen wie Raeder leisten einen wichtigen Beitrag. "Sie unterstützt uns nicht nur finanziell, sondern steigert auch unsere Bekanntheit", sagt Siegl zur Aktion der Fotografin.

Die Bergretter haben auch neben der Planung des Neubaus viel zu tun. "Die Bergwacht Lenggries hat eins der größten Einsatzgebiete in Bayern", sagt Siegl. Schließlich verlaufe das Gemeindegebiet Lenggries bis zur österreichischen Staatsgrenze. Die Bergwacht kümmert sich um alle Unfälle im unwegsamen Gelände, insbesondere dort, wo der Rettungsdienst nicht hinkommt. Auch First-Responder-Einsätze gehören zum Alltag der Bergretter. Sie werden etwa auch bei einem Herzinfarkt im Gemeindegebiet alarmiert und versorgen den Patienten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Auch betreuen sie Sportereignisse wie Skirennen.

Damit sich Bergsportler auch in Zukunft auf die Bergwacht verlassen können, ist Nachwuchsförderung wichtig. Nachwuchssorgen hat die Bergwacht Lenggries laut Siegl glücklicherweise nicht: "Wir haben viele Anwärter. Auch viel weiblichen Nachwuchs." Die Geschlechterverteilung sei mittlerweile fast ausgeglichen. Die Ausbildung zum Bergretter dauert circa drei Jahre. Pro Halbjahr finden zwölf bis vierzehn Ausbildungsabende statt. In den Prüfungen werden dann unter anderem medizinische Kenntnisse, skifahrttechnisches Wissen und Verständnis des Naturschutzes geprüft. Großübungen und Eignungstests, die zum Beispiel die Kondition der Anwärter einschätzen, stehen auch auf dem Programm. Eine Sommer- und Winterprüfung schließt die Ausbildung ab.

Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit der Bergretter verändert und sie vor neue Herausforderungen gestellt. "Auf den Einsätzen ist natürlich Schutzausrüstung notwendig, wie zum Beispiel eine Maske. Wir mussten auch prüfen, ob der Patient Corona hat oder getestet ist, um unser eigenes Risiko zu minimieren", sagt Siegl. Insgesamt sei während der Pandemie weniger passiert, weil auch weniger Leute mit der Bahn nach Lenggries gekommen seien. Trotzdem waren viele Menschen in den Bergen unterwegs, vor allem am Brauneck. Die Einsätze seien dort aufwendig und lang gewesen, erklärt Siegl. Sobald die Skigebiete wieder öffnen, werde sich die Situation wieder ändern. Für eine Bilanz für das Jahr 2021 sei es noch zu früh, sagt Siegl, "weil der Winter noch kommt".

Sicher ist: Die Bergwacht wird gebraucht - und auch geschätzt, wie Siegl weiß. Oft erhielten die Retter nach ihren Einsätzen Dankeskarten von Patienten und manchmal sogar Geschenkkörbe von Geretteten, erzählt er. Rückhalt erfährt die Bergwacht Lenggries auch durch Raeders Aktion mit den Sterntüren-Postkarten. "Uns freut es, Unterstützung aus der Bevölkerung zu erhalten", sagt Siegl. "Das ehrt uns." Und nebenbei freuten sich auch die Hausbesitzer, dass ihre schönen Türen auf den Postkarten bewundert werden, berichtet Raeder.

In Lenggries können die Sterntüren-Postkarten an folgenden Verkaufsstellen erworben werden: Buchhandlung les(e)bar, Dorfladen, Gemeindebücherei, Grünes Warenhaus, Kräuterhexe, Kur-Apotheke, Platschererhof

© SZ vom 21.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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