Wahlkampf am Gewässer:Herausforderungen im Isartal

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Naturschützer Erich Rühmer und Landtagsabgeordneter Florian Streibl diskutieren am Fluss über Konfliktherde

Von Benjamin Engel, Icking

Unterhalb vom Aussichtspunkt bei Schlederloh fährt alle paar Minuten die S-Bahn vorbei. Der Blick reicht über das Flusstal mit Isar und Loisach, durch das auch der Fernwanderweg von München nach Venedig führt. "Ganz in der Nähe gibt es auch einen Uhu-Brutplatz", sagt Erich Rühmer, Vorsitzender des Isartalvereins. Darin zeigen sich die Herausforderungen rund ums Isartal - vom Siedlungs- und Verkehrs- bis zum Erholungsdruck mit Mountainbikern und Bootfahrern. Das will Rühmer am Mittwoch Florian Streibl, dem Landtagsabgeordneten für die Freien Wähler (FW), verdeutlichen. An elf Stimmkreiskandidaten hatte der Isartalvereinsvorsitzende Fragen zur Landtagswahl gestellt. Nur fünf hätten geantwortet, keiner von CSU und FDP, sagt er.

An der Isar hat die Zahl der Bootfahrer stark zugenommen. Rühmer spricht von 416 Booten mit 1174 Personen, die der Landesbund für Vogelschutz Anfang August in nur fünf Stunden gezählt habe. Die Freizeitsportler ließen Müll, insbesondere Bierflaschen, einfach zurück. Mit Streibl ist er sich einig, dass der Freizeitdruck eingeschränkt werden muss. Rühmer wünscht sich Alkoholverbote für Bootsfahrer. Zur Brutzeit der Vögel im Frühjahr dürften die Flussinseln nicht betreten werden.

Ein totales Fahrverbot lehnt Streibl allerdings ab. "Der Zugang zur Natur muss möglich sein, aber für alle erhalten bleiben", sagt er. Das sieht Streibl auch als Bildungsfrage. Seiner Ansicht nach müssten Schulen besser vermitteln, wie man sich in der Natur umweltbewusst und sicher bewege.

Probleme gibt es im Oberen Isartal, etwa wenn im Sommer der Rissbach und andere Gewässer trocken fallen. Das liegt auch am System des Walchenseekraftwerks, für das Wasser umgeleitet wird. Daher plädieren Rühmer und Streibl dafür, die bisherigen Verträge mit dem Unternehmen zu kündigen. Dann müsse neu verhandelt werden, damit mehr Wasser in der Isar verbleibe. So lasse sich auch das bisher notwendige Abfischen in Trockenphasen verhindern. Auch energietechnisch sieht Streibl damit keine Verluste. Denn dann ströme eben mehr Wasser durch die Turbinen am Sylvensteinspeicher, schildert er. "Umwelt-, Naturschutz und die Energiewende sollten sich ergänzen."

Zur Herausforderung in der Region wird außerdem die boomende Wirtschaft. Die Entwicklung verstärkt den Zuzug und damit den Siedlungsdruck auf Natur und Landschaft. Laut Prognosen könnten bis 2030 bis zu 300 000 Menschen mehr im Gebiet rund um München leben. Um den Flächenfraß zu begrenzen, plädiert Streibl dafür, bestehenden Wohnraum besser zu nutzen. So sei es etwa möglich, in leer stehenden Bauernhöfen Wohnungen einzurichten. In den Ortskernen müsse geprüft werden, wo verdichtet und aufgestockt werden könne. Um Einheimische zu halten, müsse der kommunale, preisgünstige Wohnungsbau vorangetrieben werden.

Weil auf den Siedlungsdruck auch mehr Verkehr folgt, fordert der Landtagsabgeordnete und Direktkandidat ein Gesamtkonzept für die ganze Metropolregion. Der öffentliche Nahverkehr müsse massiv ausgebaut werden, etwa mit einem S-Bahn-Ring um München. Genauso müsse aber in Schiene und Straße investiert werden.

Darüber hinaus können Rühmer und Streibl kaum verstehen, warum der Isartalverein Grunderwerbssteuer zahlen muss, wenn er Flächen für den Naturschutz kauft. "Solche Projekte im Sinne des Gemeinwohls sollten gefördert werden", sagt Streibl.

© SZ vom 11.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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