Verhandlung vor dem Amtsgericht:Zerstörungszug durch Geretsried

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Drei junge Männer wollen in den "Saftladen" und das Hallenbad eindringen, treten Autospiegel ab und werden verurteilt

Von Benjamin Engel, Geretsried

"Wir haben eine Eisenstange aufgetrieben und einfach Unfug damit gemacht." So beschreibt ein 19-Jähriger aus Nürnberg den Zerstörungszug mit zwei Bekannten durch Geretsried. In der Nacht auf den 3. Februar 2017 hatten die drei jungen Männer vergeblich versucht, in das Jugendzentrum "Saftladen" und das Hallenbad einzudringen. Sie zogen weiter, traten an fünf Autos die Außenspiegel ab und drangen in eine Tiefgarage ein. Dort klauten sie fünf Feuerlöscher und spritzten mit dem Schaum herum. Schließlich lösten sie noch den Feueralarm aus. Einsatzkräfte rückten aus, während die jungen Männer abhauten. In einem Chat unterhielten sich zwei von ihnen darüber, offenbar in der Tiefgarage gefilmt worden zu sein.

Knapp zwei Jahre später saß das Trio nun am Dienstag auf der Anklagebank im Wolfratshauser Amtsgericht. Der 19-jährige, gerichtsbekannte Koch-Auszubildende wurde zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung verurteilt. Sein Bekannter, ein heute 22-jähriger Lagerist aus Geretsried, muss 64 Sozialstunden ableisten. Die Entscheidung über eine Jugendstrafe zur Bewährung wurde zurückgestellt. Zu 48 Sozialstunden verurteilte Richter Urs Wäckerlin den dritten Angeklagten, einen jetzt 19-jährigen Studenten aus Geretsried.

Am Abend des 2. Februar 2017 hatten alle drei Angeklagten viel getrunken. Wie der Koch Azubi schilderte, seien sie ziellos durch Geretsried gelaufen. Weil es kalt gewesen sei, hätten sie die Idee gehabt, irgendwo einzudringen. Er habe die Eisenstange gefunden.

Mit diesem Werkzeug versuchte der Nürnberger, die Hintertür zum Jugendzentrum Saftladen aufzubrechen. Er scheiterte daran. Auch der Versuch, in das Hallenbad einzudringen, misslang. Der 22-jährige Lagerist hatte noch einen Stein auf eine der Fensterscheiben geworfen. Doch nur in der ersten Schicht der Doppelverglasung sei ein kleines Loch entstanden. Das Trio zog weiter.

"An den Autos sind wir einfach aus Schabernack vorbeigelaufen", berichtete der 19-jährige Kochlehrling. "Dann habe ich den ersten Seitenspiegel heruntergetreten." Ob seine beiden Bekannten auch Spiegel beschädigt hätten, wisse er nicht. Sein gleichaltriger Bekannter, der heute studiert, gab an, damals am Fuß verletzt gewesen zu sein. Diesen habe er nicht richtig bewegen können. Mit den Autospiegeln habe er nichts zu tun, sagte er. "Ich gebe zu, mit dem Löschschaum herumgesprüht zu haben." Als Hauptdrahtzieher bezeichnete der Staatsanwalt den Kochlehrling. "Ich bin der Meinung, dass Sie dass Zepter in der Hand hatten", sagte er. "Die anderen liefen mit."

Der Mann war erst im Vorjahr zu einer Jugendstrafe auf Bewährung von neun Monaten verurteilt worden. Mit anderen soll er bei einer Geburtstagsparty in einem Geretsrieder Friseursalon randaliert haben. Sie sollen Getränke über eine Couch verschüttet und die Kaffeemaschine kaputt gemacht haben. Mit einer Gehwegplatte soll der 19-Jährige eine Scheibe eingeschlagen haben. Auch zuvor hatte er einige Male vor Gericht gestanden. Der Jugendgerichtshelfer bezeichnete dessen "strafrechtliche Odyssee" als "blankes Chaos".

Für Richter Urs Wäckerlin war klar, dass die jungen Männer an dem Februarabend viel getrunken haben mussten. Was sie gemacht hätten, sei "derart bescheuert", dass jemand das nur mit viel Alkohol mache, sagte er. "So gemütlich ist es in einem unbelichteten Hallenbad nicht." Er kündigte an, den mehrfach vorbelasteten Lageristen im Auge zu behalten. Er bekomme keine Jugendstrafe. Verlaufe sein Leben in der Bewährungszeit nicht in geordneten Bahnen, gebe es eine neue Verhandlung. Der Student habe nur zwei Vorahndungen. Stehe er aber erneut vor Gericht, drohe Arrest, mahnte Wäckerlin.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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