Urteil gegen Landtagsabgeordneten:"Geschickt geht anders"

Lesezeit: 2 min

Hans Urban am Tag der Verhandlung vor dem Wolfratshauser Amtsgericht. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nach der Verurteilung von Hans Urban sehen die Kreis-Grünen keinen Grund, dass der Politiker von Ämtern zurücktreten sollte. Der Landtagsabgeordnete und Gemeinderat selbst äußert sich derzeit öffentlich nicht.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Offen infrage stellen will keiner aus der Kreis-Grünen-Spitze die politische Zukunft von Hans Urban nach seiner Verurteilung am Montag. Sprecher Andreas Wild ist in seiner Bewertung aber deutlich: "Geschickt geht anders", kommentiert er am Dienstag das Verhalten des Oberherrnhauser Grünen-Landtagsabgeordneten Urban. Zu Wochenbeginn hatte das Amtsgericht Wolfratshausen den 43-jährigen Politiker wegen falscher Verdächtigung und Nötigung schuldig gesprochen. Mit der Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu 150 Euro wäre Urban nicht vorbestraft. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.

Mit seiner Grünen-Kreissprecher-Kollegin Jovana von Beckerath ist sich Andreas Wild einig, Gerichtsentscheidungen prinzipiell nicht zu kommentieren. Er räumt aber ein, dass das Urteil im derzeitigen Bundestagswahlkampf wenig hilfreich sei. Damit will Wild, wie er selbst ausdrücklich betont, die politische Arbeit Urbans aber keineswegs entwerten. "Vielleicht war es eine Affektgeschichte in einer besonderen Situation", sagt er.

Der Vorfall mit einem Google-Kamera-Auto, der jetzt zum öffentlichen Prozess gegen Urban führte, liegt schon knapp zwei Jahre zurück. Im Oktober 2019 war ein Google-Fahrer auf einen gekiesten Privatweg am Bauernhof des Bio-Landwirts und Landes- wie Kommunalpolitikers Urban eingebogen. Der 43-Jährige stellte sich dem Wagen in den Weg und reichte eine Anzeige bei der Polizei wegen Körperverletzung ein, weil er aus seiner Sicht mehrmals umgefahren worden sein soll. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft und des Gerichts war das aber nur vorgetäuscht. Das stützten auch zwei Gutachten im Prozess.

Für Grünen-Kreissprecher Wild wirkt sich das Urteil aber nicht auf die politische Zusammenarbeit mit Urban aus. "Das ist kein Skandal", sagt er. Letztlich sei der Vorfall eine persönliche, keine politische Sache. Mit Urban könne er weiterhin gut zusammenarbeiten. Schließlich müsse man auch dessen Engagement sehen, das dieser seit dem Vorfall ungebrochen an den Tag gelegt habe.

Keinerlei Anlass für Urban von politischen Funktionen zurückzutreten, sieht auch der Dritte Landrat Klaus Koch (Grüne). "Für mich ist das Thema wirklich beendet", sagt er. "Seine politische Tätigkeit steht in keiner Weise infrage." Koch ist gemeinsam mit Urban im Eurasburger Gemeinderat und im Kreistag aktiv. Auf Dauer, glaubt der Dritte Landrat, werde der Vorfall mit dem Google-Auto den politischen Ruf Urbans nicht schädigen. Der Justizprozess habe mit der politischen Tätigkeit Urbans nichts zu tun. An jenem Oktobertag vor fast zwei Jahren habe sein Parteikollege mit seinen Söhnen auf seinem "tiefsten privaten Gelände" einen Zaun repariert. Das Google-Auto sei dort aufgetaucht, obwohl Urban Aufnahmen des Kartendienstes schon lange zuvor widersprochen habe.

Koch freut sich, mit Urban direkten politischen Zugang zum bayerischen Landtag zu haben. Dass die ganze Angelegenheit auch für diesen und dessen ganzen Familie belastend sei, gibt der Dritte Landrat zu bedenken. Urban sei mit dem Urteil nicht vorbestraft und selbst klar von seiner Unschuld überzeugt. "Ich wünsche ihm die Kraft, das hinter sich zu lassen", sagt Koch.

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft laut dpa-Angaben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Der Anklagevertreter hatte im Prozess ein höheres Strafmaß von 100 Tagessätzen gefordert. Wie Urban reagiert, ist offen. Für eine Berufung hätte der Landtagsabgeordnete bis kommenden Montag Zeit. Urban selbst äußert sich nicht. Sein Verteidiger Andreas Hofreiter bittet um Verständnis, derzeit keine Pressestatements abzugeben. "Mein Mandant muss das erst einmal verdauen", sagt er.

© SZ vom 15.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: