Unterm Dach der SZ:Drei zu eins

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Landrat Josef Niedermaier von den Freien Wählern und seine Gegenkandidaten von CSU, SPD und Grünen sind sich im SZ-Gespräch einig über die Bedeutung lokalpolitischer Zusammenarbeit. Zum Klimaschutz oder der Trägerschaft fürs Pflegeheim gehen die Meinungen auseinander.

Von Alexandra Vecchiato, Felicitas Amler und Wolfgang Schäl

Unterm Dach der SZ: die Landratskandidaten Klaus Koch, Josef Niedermaier, Gabriele Skiba und Sabine Lorenz (v.l.) (Foto: Hartmut Pöstges)

Es ist schon eher ungewöhnlich, wenn ein Kandidat, nach der Unterscheidung von den Mitbewerbern befragt, als erstes sagt: "Ich habe wenig Erfahrung im Kreistag." Für das Auftreten von Gabriele Skiba aber ist diese verhaltene Antwort kennzeichnend. Die SPD-Landratskandidatin macht keinerlei Hehl daraus, dass sie überzeugt ist, es ganz sicher nicht zu schaffen. "Wir kennen unser Potenzial", sagt sie über die SPD, und das liege in diesem Landkreis optimistisch betrachtet bei maximal 16 Prozent.

Wahlziele

Als Herausforderer im Wortsinn präsentiert sich beim Gespräch unterm Dach der SZ ohnehin keiner der drei, die gegen Amtsinhaber Josef Niedermaier (Freie Wähler) kandidieren. Jede und jeder - Niedermaier selbst eingeschlossen - weiß, wer gewinnen wird. Dennoch kämpfen sie mehr oder weniger intensiv um ein gutes Abschneiden bei der Wahl am 16. März. Sabine Lorenz (CSU) etwa, die erste Frau bei der CSU, die sich um den Landratsposten bewirbt, ist, wie sie betont, "jeden Tag unterwegs". Sie mache Wahlkampf auf der Straße, spreche die Menschen direkt an und stelle sich ihnen vor: "Das ist für mich bodenständig", sagt sie. Und die Resonanz sei gut. Es gelinge ihr sogar, jene Männer in der CSU von sich zu überzeugen, die rundheraus sagten: "Ich wähle keine Frau." Ja, die gebe es immer noch, sagt sie auf Nachfrage: "Auch junge."

Solche Überzeugungsgespräche braucht Gabriele Skiba nicht zu führen. Eine Frau an der Spitze, das ist in der SPD nicht ungewöhnlich: Skiba selbst leitet den Kreisverband der Partei. Die SPD wolle schon mitgestalten, sagt sie, aber der Kreistags- und schon gar der Landratswahlkampf stehe nicht im Vordergrund. Zehn Sitze - diese Zielmarke habe sie ausgegeben. Das wäre eine Steigerung um zwei Sitze für die SPD im 60-köpfigen Kreistag. "Relativ ehrgeizig", sagt Skiba. Vom Kampfeswillen ihres Vorgängers Fabian von Xylander, der dreimal als SPD-Landratskandidat angetreten war und dabei zwischen gut zehn und knapp 22 Prozent erzielt hatte, grenzt sie sich aber klar ab: "Der Fabian von Xylander wollte immer ganz, ganz wirklich und ganz ernsthaft Landrat werden - da unterscheiden wir uns."

Auch Grünen-Kandidat Klaus Koch, derzeit Dritter Landrat, hat offenkundig nicht vorrangig ein glänzendes persönliches Wahlergebnis im Auge. Aber für ein bestimmtes grünes Ziel wolle er sich mit aller Kraft einsetzen, betont er: "Ich trete an, weil mir das Thema Energiewende total wichtig ist, und da möchte ich Gas geben." Auf Distanz zum Amtsinhaber geht Koch allenfalls in Details. Im Großen und Ganzen ist es ihm wichtig hervorzuheben, dass sich der Umgang im Kreistag seit Niedermaiers Amtsantritt erheblich verbessert habe. Nur zu gut erinnert er sich an die Zeiten der absoluten CSU-Mehrheit in dem Gremium mit Landrat Manfred Nagler, als Grüne und SPD ausgegrenzt und von Informationsflüssen ausgeschlossen worden seien. Jetzt hingegen: "Diese Transparenz ist wirklich ein Genuss."

Die Rolle des Landrats

Und der Amtsinhaber selbst? Warum will er es ein zweites Mal packen? Niedermaier bleibt seiner Linie von vor sechs Jahren treu, die Rolle des Landrats weniger als eine politische denn als eine regulierende und moderierende darzustellen. Unschwer ist seinen Worten zu entnehmen, dass er fest im Sattel sitzt, gut vernetzt ist - auch in den übergeordneten Gremien und bis hinein in andere Bundesländer -, und dass er sich seiner im Amt gewonnenen Kompetenz bewusst ist. Visionäre politische Ziele hat man von ihm nicht zu erwarten. "Der Landrat hat die meiste Zeit Verwaltungsaufgaben", sagt er. Und was die Wirkungsfelder des Kreistags angeht: "Wir werden die Gesellschaft nicht verändern." An Selbstbewusstsein mangelt es ihm dabei freilich nicht. Er sehe sich als "oberster Polizist", als "Wanderprediger" und "Antreiber", der Bürgermeister, Gemeinderäte und Bürger für Themen sensibilisiere und deren Problembewusstsein schärfe.

Klimaschutzkonzept

Und damit ist man zum Beispiel beim Klimaschutzkonzept des Landkreises. Hand aufs Herz: Wer hat das mehr als 200 Seiten starke Papier gelesen? Drei nicken, Skiba schüttelt den Kopf. Lorenz sagt, es sei ihr zu unkonkret. Koch ist froh: Dieses Konzept bestätige vieles, was die Grünen früher im Kreistag, verlacht von der CSU, gefordert hätten. Einen Klimamanager etwa. Er erinnert daran, dass der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs, ebenfalls ein Thema des Klimaschutzkonzepts, "ein uralter Antrag der SPD" sei.

Niedermaier findet es völlig angemessen, dass keine konkreten Handlungsschritte in dem Papier enthalten seien: Der Landkreis sei dafür nicht die richtige Ebene. Er antwortet damit auf Lorenz' Wunsch nach "ganz klaren Handlungsempfehlungen"; sie denke etwa an Fragen wie Erdwärme in Bichl oder Geothermie in Geretsried. Der Landrat ist sich schnell mit Skiba und Koch einig: Hier fehle es nicht am Landkreiskonzept, sondern an den politischen Weichenstellungen in Land und Bund. Mit der Windkraft habe man sich in der Region eingehend und ernsthaft befasst - "und dann kommt König Horst und schmeißt alles um", sagt Niedermaier in Anspielung auf die vom bayerischen Ministerpräsidenten forcierte sogenannte 10-H-Regelung für den Abstand von Windrädern zu Siedlungen. Lorenz widerspricht ihm: Seehofer habe dargelegt, dass immer noch Windkraftanlagen in bayerischen Dörfern möglich seien. Niedermaier entfährt ein: "Was träumt der in der Nacht!?"

Schon ein paar Mal habe er "der Ilse Aigner" gesagt: "Schafft endlich die Rahmenbedingungen", sagt der Landrat. Aber Landes- wie Bundesregierung hätten in Sachen Energiewende "keine Ahnung, wo sie hinwollen". Koch stimmt zu: "Was da momentan läuft, ist verantwortungslos." Und Skiba unterstreicht: Es fehle ein Masterplan.

Interkommunale Arbeit

Viermal Ja, einmal mit Einschränkung: Interkommunale Zusammenarbeit, wie sie gerade mit dem Hallenbad Geretsried praktiziert wird, findet die Zustimmung aller Landratskandidaten. Skiba spricht von einem guten Projekt, das in die Zukunft der kommunalen Arbeit weise. Den Einwand von Lorenz, die Betriebskosten des Bads seien nicht abzusehen, beantwortet die SPD-Kandidatin so: "Die kann eine Gemeinde, die das alleine macht, auch nicht absehen." Lorenz sagt, ihr sei da für Geretsried "angst und bang". Dennoch sei auch sie überzeugt davon, Projekte wie Sportstätten, Schulen oder den S-Bahnausbau könnten Kommunen nur gemeinsam leisten.

Pflegeheim Lenggries

Die Zukunft des sanierungsbedürftigen Kreispflegeheims in Lenggries ist ein heiß diskutiertes Thema. Soll es an einen nicht-kommunalen Träger übergeben werden? Sind die Arbeitsplätze und die Tarife dann noch sicher? Absolute Einigkeit unter den beiden Landratskandidatinnen: Der Landkreis müsse das Heim behalten. Niedermaier widerspricht: Der Kreis dürfe keine dauerhaft defizitäre Einrichtung betreiben. Lorenz, die auf intensive berufliche Erfahrung in der Pflege verweisen kann, sagt: "Man kann das Heim auch wirtschaftlich betreiben." Sie nickt heftig, als Skiba sagt, für die SPD sei es ausgeschlossen, dass man einen Investor suche. Denn dann sei der Weg klar: "Lenggries - tolle Lage, schicke Seniorenresidenz und keine tarifliche Bezahlung mehr." Der Landrat widerspricht auch hier: Pflegekräfte seien so gefragt, dass es sich kein Träger erlauben könne, sie schlecht zu bezahlen. Außerdem habe es der Landkreis in der Hand, dem Träger, der vermutlich ein Wohlfahrtsverband sein werde, Auflagen zu machen. In Wolfratshausen sei genau dies vor sieben Jahren mit dem Seniorenwohnpark Isar-Loisach neben der Kreisklinik geschehen. Die beiden Frauen halten an ihrer Forderung fest. Und Koch - der in der aktuellen Frage noch nichts Definitives sagen mag - erinnert an die Privatisierung der Tölzer Kreisklinik. Die sei damals, sagt er mit Seitenblick auf Lorenz, mit den CSU-Stimmen beschlossen worden. "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das falsch war."

Stärken und Schwächen

Für potenzielle Wähler könnte an den Landratskandidaten nicht nur die politische Ausrichtung interessant sein. Sondern auch die Persönlichkeit. Welche Stärken und Schwächen haben sie? Schnörkellos, aber bedacht antworten die beiden Frauen. Gabriele Skiba weiß, dass sie nach Meinung anderer oft zu sehr "die Alleinarbeiterin" sei: "Ich tendiere in Richtung Workaholic." Und mit zunehmendem Alter lasse ihre Geduld etwas nach. Stark ausgeprägt sei hingegen ihre Toleranz: "Ich kann viele Meinungen erst mal anhören." Und sie habe die Grundhaltung, immer zuerst das Positive zu sehen.

Sabine Lorenz wiederum schreibt es sich als Schwäche zu, "dass ich zu viel im Team arbeite" und immer lieber in der zweiten Reihe stehe. Ihre Pluspunkte aus eigener Sicht: "Ich kann zuhören, kann integrieren, bin beständig und lernfähig."

Die Männer antworten nicht ganz so prompt. Doch dann sagt Klaus Koch, eine ernsthafte Schwäche, die ihm von seiner Familie vorgehalten werde, sei es, "dass ich Zeitungen staple - überall". Und wie lange? Das könnten schon mal sechs bis acht Wochen sein. Seine Stärken? "Ich glaube, dass ich ganz gut überzeugen kann." Außerdem sei er seit elf Jahren Schulleiter und könne Personal "ganz gut führen".

Wie die drei anderen nennt auch der Landrat zunächst die Schwäche: "Ein bissl ungeduldig" sei er manchmal. Andererseits werde ihm "eine gewisse Führungsstärke nachgesagt - schon zu Schulzeiten". Da schließt sich ein Kreis zum Anfang des Gesprächs unterm Dach der SZ. Über die erste Frage, wie sich die Kandidaten nach eigener Einschätzung von den jeweils anderen unterscheiden, wollte sich Niedermaier hinwegscherzen: " . . . dass ich der Schwerste bin." Worauf Koch bemerkte: "Politisch auf jeden Fall." Mit diesem Respekt begegneten dem Amtsinhaber alle Gegenkandidaten fast während des ganzen Gesprächs.

Informationen über die Kandidaten im Internet unter www.sepp-niedermaier.de; www.lorenz-sabine.de; www.spd-badtoelz.de; www.gruene-toelz-wor.de

© SZ vom 18.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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