Ungewöhnliches Engagement von Jugendlichen:Schmackhaft und gerecht zugleich

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Engagierte Schüler verkaufen in der Pause fair gehandelte Produkte. (Foto: Hartmut Pöstges)

Eine Gruppe Geretsrieder Realschüler betreibt einen Fairtrade-Kiosk. Die Einnahmen werden an Projekte in Ostafrika gespendet

Von Leonard Scharfenberg, Geretsried

Wenn der Pausengong ertönt, stürmen viele Schüler der Realschule Geretsried zum Afrikahaus. In der kleinen grasgedeckten Hütte, die 2013 in der Aula der Schule errichtet wurde, werden an diesem Tag wieder Brownies angeboten. Die Schülerfirma "Kipepeo" - Kiswahili für Schmetterling - verkauft regelmäßig Fairtradeprodukte an Mitschüler und Lehrer. Immer mittwochs und freitags werden in den beiden Pausen Gebäck, Obst, Schokolade und andere Leckereien angeboten.

Die Schülerfirma wurde vor sieben Jahren als Wahlfach gegründet und besteht mittlerweile aus 19 Schülerinnen und Schülern aus den siebten bis zehnten Klassen der Realschule. Alle zwei Wochen treffen sich die engagierten Jugendlichen, um gemeinsam die nächsten Aktionen zu planen. Denn "Kipepeo" verkauft nicht nur in den Pausen: Die Schülerfirma übernimmt auch das Catering bei Schulprojekten und informiert Mitschüler über fairen Handel. Außerdem lernen die Schüler in diesem Wahlfach, mit Geld umzugehen und ökonomisch zu planen, erzählt die Leiterin der Gruppe, Stefanie Holzhauer. Die Lehrerin legt zudem besonderen Wert darauf, dass die Produkte, die durch die Schüler verkauft werden, wirklich zu hundert Prozent fair gehandelt sind. Denn "Fairtrade ist nicht gleich Fairtrade", erklärt sie. Nur beim sommerlichen Eisverkauf könne man die faire Qualität noch nicht bieten, da fair gehandelte Eiscreme schlicht zu teuer für die Schüler sei.

Doch der Gruppe geht es nicht nur darum, den Schülern eine schmackhafte und faire Ergänzung zum täglichen Pausenbrot zu bieten. Die Mitglieder des Wahlfachs spenden das erarbeitete Geld regelmäßig an Schul- und Frauenprojekte in Kenia und Uganda. Allein in den vergangenen Monaten sammelte die Schülerfirma über 500 Euro für Kenia. Mit dem Geld seien Tische und Stühle für eine Schule gekauft worden, berichtet Holzhauer. Besonders wichtig sei ihr dabei die Transparenz, sagt sie. Die Gruppe arbeite deshalb mit dem Verein "Bildung Zukunft Afrika" zusammen, der von einer ehemaligen Lehrkraft der Realschule gegründet wurde. Dieser wähle kleine Projekte aus, damit das Geld nicht bei großen Organisationen versande, erklärt Holzhauer. Man wolle so "Hilfe zur Selbsthilfe" leisten.

Seit kurzem hat die Schülerfirma zusätzlich ein kenianisches Patenkind. Das zehnjährigen Mädchen kann alleine durch die Erlöse von "Kipepeo" ihre Schulbildung finanzieren. Neben der Schülerfirma unterstützen an der Geretsrieder Realschule auch viele Klassen je ein Patenkind. Insgesamt zehn solcher Patenschaften seien mittlerweile abgeschlossen, berichtet Holzhauer.

"Kipepeo" hat noch mehr bewegt: Die Staatliche Realschule Geretsried bewerbe sich schon seit Längerem um das Siegel "Fairtrade-Schule", sagt Holzhauer. Mittlerweile seien alle Kriterien erfüllt. Nach der Penzberger Mittelschule, der die Auszeichnung am vergangenen Freitag verliehen wurde, wäre die Realschule damit die zweite "Fairtrade-Schule" in der Region.

Um das zu erreichen brauche es zunächst engagierte Jugendliche, sagt Holzhauer. Die Realschülerin Natascha Falkenhain erklärt, warum sie bei "Kipepeo" mitarbeitet, so: "Für uns hier ist es einfach selbstverständlich, in die Schule gehen zu können", sagt sie. Mitzuhelfen, dasselbe auch Kindern in Afrika zu ermöglichen, sei ihre Motivation gewesen sich bei "Kipepeo" zu beteiligen. Auch Tamina Preidel und Fiorella Schwarz sind bei der Schülerfirma dabei. Hierzulande gehe es vielen gut. Da könne man schon seinen Beitrag leisten, um die Lebensbedingungen anderer Menschen zu verbessern, geben die beiden zu bedenken.

An diesem Tag können die Schüler hinter der Theke zufrieden sein: Als der Ansturm auf den Fairtradekiosk sich am Ende der Pause langsam legt, ist das Kuchenblech komplett leer. Eine Schülerin zählt die Einnahmen: Es sind weitere 80 Euro - für Kenia.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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