Der heurige Sommer dürfte für viele im Alpenvorland wohl einer der schlechtesten seit vielen Jahren sein. Gefühlt ist der Himmel allzu oft wolkenverhangen, die Temperaturen eher mau und immer wieder regnet es bis hin zu einigen Unwettern. Laut den Daten der Beobachtungsstation des Deutschen Wetterdiensts (DWD) am Hohen Peißenberg war aber etwa der vergangene Juli zwar niederschlagsreicher, dafür aber mit 15,7 Grad um 0,7 Grad wärmer als nach der Statistik zu erwarten war.
Dieses Spannungsfeld zwischen subjektivem Empfinden und naturwissenschaftlicher Forschung ist eine der Fragestellungen des Projekts KARE-Citizen Science (CS). Dafür haben Schüler des Gymnasiums Geretsried und des Hohenburger Gymnasiums St. Ursula in Lenggries bereits im zweiten Jahr Messstationen zusammen- und aufgebaut. Schüler des Garmisch-Partenkirchner Werdenfels-Gymnasiums sind heuer neu im Projekt hinzugekommen. Unter verschiedenen Fragestellungen sollen die Wetterdaten im Herbst analysiert und in Workshops an den Bildungseinrichtungen vorgestellt werden. Ziel ist es, die Schüler für die Auswirkungen des Klimawandels und dessen Folgen zu sensibilisieren.
Für das Citizen Science - also bürgerwissenschaftliche - Projekt arbeiten die Münchner Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU), die Freie Universität (FU) Berlin sowie die Energiewende Oberland (EWO) zusammen. Forscher der FU haben die Messstationen entwickelt und die Bauteile großteils mit Hilfe eines 3-D-Druckers hergestellt. Zusammensetzen mussten die Schüler diese pandemiebedingt nach einer Videokonferenzanleitung. "Für mich war das fast das Spannendste am Projekt", sagt Christian Krämer. Der Physiklehrer hat mit 27 Gymnasiasten in Geretsried, die meisten davon Neuntklässler, fast dreimal mehr Schüler als im Vorjahr für das Projekt betreut. Die Schüler seien so erstmals an die wissenschaftliche Praxis herangeführt worden, in der auch nicht alles sofort funktioniere.
Die Messgeräte erfassen Daten zur Temperatur oder der Niederschlagsmenge. Laut Krämer haben seine Schüler etwas mehr als ein Dutzend Stationen zwischen Wolfratshausen, Beuerberg und Königsdorf im April aufgestellt. Mitte September werden die Messstationen abgebaut. "Um ein Gerät kümmern sich immer zwei Schüler gemeinsam", sagt Krämer. Eine Gruppe vergleicht die Wetterdaten verschiedener Stationen untereinander. Ein regengeschützter Standort nahe an einem Gebäude könne etwa von anderen Stationen abweichende Ergebnisse erklären, berichtet Krämer. Eine zweite Gruppe vergleicht ihre Messungen um Geretsried mit Niederschlagsmengen vieler vergangener Jahrzehnte. Mittels einer App haben Schüler zudem subjektive Wetterbeobachtungen erfasst und notiert, wie sich das etwa auf ihr Freizeitverhalten auswirkte. Inwieweit das mit den Messwerten aus den Wetterstationen zusammenpasst, untersucht eine dritte Gruppe.
Die Untersuchungen der Schüler an den drei Gymnasien der Region schließen an das übergreifende KARE-Projekt zum Umgang mit Extremwetterereignissen und deren Risikoabschätzung an. Das Akronym KARE steht für Klimaanpassung in der Region Oberland. Laut Heike Unterpertinger von der EWO mit Sitz in Penzberg solle mit den Schülern auch ein Leitfaden für Nachahmer-Vorhaben entstehen. "Wir erarbeiten zusammen mit den Unis ein Bildungskonzept", sagt sie.