Tour zu Brennpunkten:Radler in Gefahr

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Auf Probleme von Radlern machte SPD-Bürgermeisterkandidat Wolfgang Werner aufmerksam. (Foto: Hartmut Pöstges)

Geretsrieder SPD macht bei Corso auf Probleme aufmerksam

Von Arnold Zimprich, Geretsried

Dicht fallen schwere Schneeflocken bei der Einmündung der Elbestraße in die Blumenstraße, bilden bleigraue Pfützen. Ein einsamer Radler fährt auf dem Radweg in Richtung Wolfratshausen, dick eingehüllt in Schal und Handschuhe. Zum Fahrrad-Corso, den Geretsrieder SPD noch kurz vor der Wahl veranstaltet, herrscht Schmuddelwetter, was die Lage der Radfahrer in der gut 25 000 Einwohner großen Stadt noch desolater erscheinen lässt. Zwölf Teilnehmer bilden die Gruppe, gemeinsam werden ein halbes Dutzend Brennpunkte im Stadtgebiet angesteuert.

Obwohl die geografische Lage von Geretsried eine gute Infrastruktur für Radwege begünstigt, ist man von großen Vorbildern wie Kopenhagen oder Münster weit entfernt. "Wir sollten uns aber nicht mit Kopenhagen vergleichen", sagt SPD-Bürgermeisterkandidat Wolfgang Werner, der sich einen Fan-Schal der "River Rats", des Geretsrieder Eishockeyteams, umgebunden hat. Der Vergleich mit Großstädten hinke. Geretsried strebe allerdings eine Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) in. "Das ist ein erster Schritt", so Werner.

Bernhard Lorenz ist selbst ADFC-Mitglied, verkehrspolitischer Sprecher der Geretsrieder SPD und Organisator des Corsos. Ihm zufolge müssen an der Kreuzung des Radwegs nach Wolfratshausen mit der Blumenstraße "dicke Bretter gebohrt werden". Für Radfahrer ist der Übergang seiner Ansicht nach einer der gefährlichsten in ganz Geretsried. Aus Richtung Blumenstraße herrsche oft Stau oder Stop and Go, zudem müsse auf Autofahrer geachtet werden, die von der Elbe- in die Blumenstraße einbiegen. Die bei Grün von der B11 meist zügig in die Elbestraße abbiegenden Autofahrer machten das Koordinationschaos komplett, nicht selten seien Radler vom guten Willen der Autofahrer und damit vom Zufall abhängig. "Aus meiner Sicht ist eine Unterführung alternativlos", sagt Werner. Vor allem Schüler seien hier gefährdet.

Was den innerstädtischen Radverkehr angeht, ist Geretsried für die SPD eine Art Minenfeld. Am Beispiel der Egerlandstraße vor der AOK-Filiale demonstriert Lorenz, wie es eigentlich nicht sein sollte: "Für Radler herrschen hier schwierige Sichtverhältnisse. Die Straße wäre breit genug, um einen abgetrennten Radweg zu installieren." Ähnlichen Handlungsbedarf sieht er an der Kreuzung Egerlandstraße/Jahnstraße. "Es gibt hier keinen Radweg auf der Straße - trotz der Nähe zum Schulzentrum und der großen Anzahl Kinder, die hier unterwegs sind." Ein sicheres Vorwärtskommen sollte aber gerade für junge Radfahrer selbstverständlich sein.

Nächster Stopp ist die Radweg-Überquerung der Tattenkofener Straße auf Höhe des Breslauer Wegs - ebenfalls ein neuralgischer Punkt. Rasen Autos doch hier mit 100 Stundenkilometern an Radlern vorbei, welche die Straße überqueren wollen. "Man muss mit mehr Nachdruck eine Lösung in Form einer Unterführung einfordern", sagt Lorenz. Das Wolfratshauser ADFC-Mitglied Werner Grimmeiß regt an, den Hebel dann anzusetzen, wenn Geretsried der AGFK angehört. "Das ist ein schönes Beispiel für einen Fiasko-Radweg", sagt Lorenz zur Einmündung des Radwegs in den Breslauer Weg. Mit einer weißen Linie, die eher aus Verlegenheit auf die Straße gepinselt wurde, überlasse man die auf die Straße einbiegenden Radfahrer ihrem Schicksal. In Geretsried gebe es viele solcher Fälle: Der Wunsch nach mehr Radverkehr möge bei den Stadtoberen vorhanden sein, an der Umsetzung hapere es.

Ein Paradebeispiel für diesen Missstand ist der SPD zufolge die Umgestaltung des Karl-Lederer-Platzes. Während Autofahrern eine neue Tiefgarage und eine eigene Ampel spendiert wurde, müssen Radfahrer - anders als zuvor - einen umständlichen Schnörkel in Kauf nehmen, um den Platz zu überqueren. Ein nutzerfreundliches Radwegekonzept sehe anders aus, so der Tenor. Als ob er die auch in der Geretsried allgegenwärtige Autodominanz untermauern wolle, blubbert just in diesem Moment ein getunter Dodge RAM-Pickup mit monströsen Stollenreifen und V8-Motor an dem SPD-Radfahrergrüppchen vorbei.

"Es ist noch viel zu tun, bis Geretsried eine fahrradfreundliche Stadt ist", beschließt Werner den Fahrrad-Corso. Ob er dabei ein gewichtigeres Wort mitzusprechen hat als bisher, wird sich nächsten Sonntag zeigen.

© SZ vom 09.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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