Tölzer Prügel:Ma sagt ja nix, ma redt ja bloß

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Wie eine Meinung in einem Kopf entsteht - Andeutung genügt . . .

Kolumne von Felicitas Amler

Michael Müller kann von Glück sagen, wenn nur der Spitzname "Die Honigbiene" an ihm kleben bleibt - und nicht der Batzen Dreck, der sich in der Fantasie der Zuhörer beim Geretsrieder Starkbierfest zusammengeballt haben mag. Nur auf diese Assoziationen hat Ludwig Schmid es in seiner Rolle als Prediger ja abgesehen. Das hat er der Wolfratshauser SZ im Vorgespräch erklärt. "Ich sage so etwas nicht direkt. Ich gebe Hinweise, alles andere passiert bei den Leuten im Kopf." Was diesmal "passiert" ist in den Köpfen: Eine direkte Verbindung zwischen einer Bedrohung des Bäckers samt Familie und Mitarbeiterschaft durch einen Anwalt und Bürgermeister Michael Müller. Die Drohung - so hörte es sich an - wurde ausgesprochen wegen einer Bemerkung des Fastenpredigers über eine Studentenverbindung in Zusammenhang mit Müller. Klingt sehr geheimnisvoll. Vor allem aber lässt es für jede Spekulation so viel Raum wie für jedes im Zweifelsfall nötige Dementi des Sprechers.

Daher die Fakten: Die Verbindung und ihre Nähe zur CSU sind kein Geheimnis. CSU-Fraktionssprecher Gerhard Meinl renommiert auf seiner Wikipedia-Seite sogar mit dem Cartell: "Seit 1976 ist er Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Trifels zu München im CV." Das CV steht für den Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen. Dieser wiederum rühmt sich öffentlich prominenter Mitglieder, zu denen der frühere Papst Joseph Ratzinger genauso gezählt wird wie die CSU-Granden Edmund Stoiber und Joachim Herrmann oder der schillernde TV-Star Thomas Gottschalk. Dass Meinl verbunden ist, konnte sehen, wer dessen offizieller Feier zu seinem 50. Geburtstag in der Tölzer Wandelhalle beiwohnte: Dort marschierten ein paar der Farben tragenden Studenten vor dem "Alten Herrn" auf. Bürgermeister Müller hat aus seiner Nähe zu Meinl nie ein Geheimnis gemacht; er nennt ihn als vertrauten Ratgeber.

Nun kann man - und eigentlich sollte man als aufgeklärter Mensch - einen erzkatholischen Männerbund genauso überkommen finden wie das unverhohlen frauenfeindliche "Zicken"-Wortspiel eines Fastenpredigers daneben. Mit gelungener Satire hat die "Ich hab gar nichts gesagt"-Anspielung des Barnabas nichts zu tun. Politische Satire ist Aufklärung, sie beleuchtet Missstände, benennt Kausalitäten und Abhängigkeiten deutlich. Barnabas aber wirft Nebel. Erst auf Nachfrage räumt Schmid ein, dass der zitierte Anwalt gar nicht von Müller geschickt worden war. Das freilich erfährt nur, wer nachhakt - während nicht wenige kommen, um Schmid für seine "mutige" Einlassung zu huldigen. Das Volk hat gehört, was es hören wollte. Ein Prosit der Gemütlichkeit!

© SZ vom 02.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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