Tölzer Prügel:Bitte nicht zerpflücken!

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Bad Tölz hatte zuletzt wenig Glück mit seinen Hotelprojekten. Beim geplanten Waldhotel auf der Wackersberger Höhe wird das hoffentlich anders werden.

Von Klaus Schieder

Mit der Ansiedlung eines Hotels ging es der Stadt Bad Tölz in der vergangenen Dekade ungefähr so wie einem Lottospieler, der mal das eine, mal das andere System ausprobiert, viel Geld investiert, auf Kritik unwirsch reagiert und am Ende mit einem Gewinn von Nullkommanull dasteht. Das könnte sich nun ändern. Was das Ehepaar Johannes und Andrea Tien auf der Wackersberger Höhe vorhat, unterscheidet sich völlig von dem, was seit 2010 unter dem so hochpolierten Label "Neue Tölzer Hotelkultur" ebenso glanzlos verpuffte. Vorgesehen ist ein Hotel, das aus Holz gebaut wird, das eine natürliche Klimaanlage in Form eines Innenhofs mit Bäumen und Büschen haben soll, das eine moderne, ja experimentelle Architektur bietet, die das Haus in den Wald und den Wald in das Haus integriert. Es wäre schade, wenn ein solches Projekt an den Tölzer Eigenwilligkeiten scheitern würde.

Da sind zum einen Bürgermeister Josef Janker und die Stadtverwaltung, die in den vergangenen Jahren in dem Bestreben, nur ja ein Hotel zu bekommen, mitunter berechtigte Bedenken vom Tisch gewischt und eine investoren-, weniger eine bürgerfreundliche Informationspolitik betrieben haben. Selbst als das Projekt auf dem Areal an der Arzbacher Straße von einer Luxusanlage plötzlich zu einer ordinären Bettenburg mutierte - ehe es dann ganz zerplatzte -, wurde die österreichische Firma Arcus noch dafür gepriesen.

Da sind zum anderen aber auch Bürger, die sich in Bad Tölz gerne zu Initiativen zusammenschließen, sobald vor ihrer Haustür etwas gebaut werden soll. Egal, ob es sich um ein Hotel oder um ein neues Wohngebiet für junge Familien handelt.

Den Tiens kann man nur wünschen, dass sie ihr Naturhotel mit 40 Zimmern und Suiten plus 20 Business-Zimmern genau so umsetzen dürfen, wie sie es im Rathaussaal präsentiert haben. Denn das hat rein gar nichts mit Tiroler Alpenjodlerstil zu tun, auch nichts mit der öden Austauschbarkeit zeitgenössischer Architektur, wie man sie zuweilen im Kurviertel betrachten kann. Es wäre ein vom Anblick her ungewöhnliches, mehr noch: herausforderndes Haus, das den Gast gleichsam in der Natur übernachten lässt und mit seinem klimafreundlichen Ansatz in die Zukunft weist.

Mit seiner Zimmerzahl wird es zwar das Problem fehlender Betten in Tölz nicht unbedingt beheben, aber es hat durchaus das Potenzial, zu einem Vorzeigeobjekt zu werden. Zu dem, was man sonst oft so inflationär als "Alleinstellungsmerkmal" apostrophiert. Das Waldhotel kann zu einem Top-Gewinn für die Kurstadt werden. Es sei denn, es wird in Tölzer Manier zerpflückt wie ein wertloser Lottoschein.

© SZ vom 14.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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