Tölzer Prügel:Auf der falschen Welle

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Wolfratshausen ist dabei, eine Chance zu vertun

Kolumne von Florian Zick

Tja, und dann war die Chance vertan. In einem Moment der außerordentlichen Kurzsichtig- und Engstirnigkeit hat der Wolfratshauser Stadtrat es vergangene Woche mehrheitlich abgelehnt, für die Finanzlücke bei der Surfwelle aufzukommen. Es ging um 63 000 Euro aus einem EU-Fördertopf - Geld, das auch aufgrund von Nachlässigkeiten in der Stadtverwaltung weggebrochen ist. Für diesen verhältnismäßig kleinen Extrazuschuss hätten die Lokalpolitiker für eine nachhaltige Vitalisierung des Stadtlebens sorgen können.

63 000 Euro - nur, um das noch einmal ins richtige Verhältnis zu rücken: Das ist ein Anteil am Gesamthaushalt der Stadt, der erst als kleine Zahl hinter dem Komma relevant wird. In München, wo sich am Eisbach die Surfer und die neugierigen Touristen gleichermaßen gedrängt auf den Füßen stehen, wäre man überglücklich, für so einen schmalen Betrag eine neue Welle herbeizaubern zu können. Dort allerdings ist man trotz intensiver Standortprüfungen bislang zu keinem zählbaren Ergebnis gekommen.

Es ist also keine Spinnerei, wenn man sagt: Die Surfwelle wäre für Wolfratshausen die Gelegenheit schlechthin gewesen, sein angestaubtes Image abzuschütteln. In München pendeln die Surfer, das Brett unter den Arm geklemmt, mit der U-Bahn kreuz und quer durch die Stadt. Warum hätten sich die Wellenreiter also nicht auch in die S-Bahn setzen sollen? Und auch die München-Besucher: Warum hätten die auf dem Weg in die Berge nicht einmal in Wolfratshausen zum Surfer-Gucken Halt machen sollen?

Spitzen wir das Ganze doch gleich etwas zu: Wolfratshausen hätte mit der Surfwelle viele seiner Probleme loswerden können. Denn natürlich kann man sich darüber aufregen, dass ein Wirtshaus nach dem anderen zumacht. Natürlich kann man es beklagen, dass die Altstadt mit der Ruine des halb abgerissen Isar-Kaufhauses nun schon monatelang einen wirklich erbärmlichen Eindruck macht. Die Außenwirkung ist derzeit fatal. Wenn aber junge Menschen in die Stadt strömen, die mittags irgendwo einen Happen essen wollen - schon macht das Wirtshaus wieder auf. Wenn Touristen vor der Weiterreise noch einen Bummel durch die Marktstraße unternehmen - schon putzt sich die Altstadt wieder heraus. Die Surfwelle hätte also einen Heilungsprozess anstoßen können, den der Stadtrat anderweitig nicht auf den Weg bringen kann - schon gar nicht mit bloß 63 000 Euro extra.

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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