Tölzer Finanzlage:Ein Etat zum Wohlfühlen

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Der Stadtrat stimmt einmütig dem von Kämmerer Hermann Forster vorgelegten Haushalt für 2019 zu. In die Freude über eine hohe Investitionsrate mischt sich allerdings die Furcht vor einer abflauenden Konjunktur

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Vielleicht werden Bürgermeister, Kämmerer und Räte in Bad Tölz dereinst mit etwas Wehmut auf den Haushalt schauen, den der Stadtrat am Dienstagabend einstimmig verabschiedet hat. Ob der formidablen Zahlen meinte Willi Streicher (SPD), dass es hier nicht einmal einem Kämmerer mehr möglich sei, "in den Jammermodus zu schalten". Das hatte Hermann Forster zuvor auch nicht getan. Die Stadt könne sich viel leisten, "und wir leisten uns nicht die falschen Dinge", räsonierte der Stadtkämmerer. Allerdings sieht er langsam dunkle Wolken über den noch sprießenden Einnahmen heraufziehen: Es gebe erste Anzeichen für eine konjunkturelle Eintrübung, dazu eine Reihe von Unwägbarkeiten wie den Brexit und durch "Staatsführer, die irrational handeln".

Seine Rede zum Haushalt widmete Forster diesmal den Veränderungen, die sich seit vorigem Jahr ergeben haben. Als eines von mehreren Beispielen nannte er die Lettenholzschule, die nicht mehr saniert, sondern gleich abgerissen und neu gebaut werde, sagte er. Der künftige Kindergarten an der Jahnschule bekomme nicht nur drei, sondern vier Gruppen. Die Neukonzeption des Stadtmuseums werde schneller als geplant umgesetzt und solle nun schon 2020 abgeschlossen sein. Vorgezogen werde auch der Kanal- und Straßenbau an der Bairawieser Straße, der nächstes Jahr begonnen soll. Auf dem Programm stehen außerdem die Neugestaltung des Bürgergartens am Rathaus und die Generalsanierung der WC-Anlage am Zentralparkhaus.

Dagegen verzögern sich Projekte wie eine Notunterkunft für Familien, eine neue Boulderhalle oder die Erneuerung der Bahnbrücke über der Gaißacher Straße, die von der Elektrifizierung der Strecke durch die Deutsche Bahn abhängt. Einen sechsstelligen Betrag muss Forster im neuen Haushalt noch für den Winterdienst und die Schäden am Blomberg durch das Schneechaos im Januar einplanen.

Für Investitionen gibt es im Haushalt, der ein Gesamtvolumen von gut 64 Millionen Euro hat, genügend Geld. Die Zuführung vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt - sprich: die Investitionsrate - beträgt satte 5,8 Millionen Euro. Außerdem fließen 3,4 Millionen an Zuschüssen, über Zuwendungen und aus Beteiligungen aufs städtische Konto. Etwa 1,15 Millionen Euro wird aus Vermögensveräußerungen wie dem Verkauf von Grundstücken erlöst. Weitere 1,4 Millionen nimmt der Stadtkämmerer aus der Rücklage. Neue Schulden sind nicht geplant. Die größten Projekte sind auf der Investitionsliste, die insgesamt Ausgaben fast neun Millionen Euro vorsieht, sind der Neubau des viergruppigen Kindergartens, einer Aula und einer Turnhalle samt Klassenzimmern, Mittagsbetreuung und Probenraum für die Stadtkapelle auf dem Areal der Jahnschule. Dafür sind heuer erst mal eine Million Euro veranschlagt. Außerdem müssen etliche Kanäle saniert werden, wofür 1,2 Millionen Euro bereit gestellt werden. Bürgermeister Josef Janker (CSU) sprach von "rentierlichen Investitionen".

SPD-Stadtrat Streicher bemühte wie in den Vorjahren den Begriff "Wohlfühlhaushalt". Für die Sozialdemokraten sei es wichtig, dass Bad Tölz in der Sozialplanung gut aufgestellt sei, sagte er mit Blick auf geplanten Ausgaben für Schulen und Kindergärten. "Die Stadt setzt auf Weitsicht und Prävention." Allerdings sieht Streicher auch ungelöste Aufgaben für Tölz. Er nannte unter anderem den Kauf des Bahnhofs, des Hauptpostamtes und des Alpamare-Areals. Zudem müsse man die nächsten Projekte für bezahlbaren Wohnraum auf den Weg bringen. CSU-Fraktionssprecher Josef Steigenberger lobte die städtischen Investitionen in Bildung, Kultur, Kindergärten, Sportstätten, Tourismus und Stadtentwicklung. Damit Bad Tölz zukunftsfähig bleibe, seien nach Ansicht der CSU vier Säulen nötig: ein starker Wirtschaftsstandort samt Fremdenverkehr, das bestmögliche Angebot für Bildung und Betreuung, eine hohe Lebensqualität und eine soziales Miteinander, das funktioniert.

Für Fraktionssprecher Martin Harrer (FWG) wurde der Haushalt 2019 "bestens gemeistert". Allerdings verwies auch er auf die Gefahr einer schwächelnden Konjunktur. Deshalb müsse man "die Einnahmenseite kritisch verfolgen" und bei den Ausgaben die Projekte erst dann starten, wenn sie finanziell gesichert seien, so Harrer. "Bad Tölz leistet sich viel, aber mit Hirn und Verstand", resümierte Stadtrat Franz- Mayer-Schwendner (Grüne). Mit 5,8 Millionen Euro dürfte die Kurstadt nach seinem Dafürhalten auch heuer die investitionsstärkste Kommune im Landkreis bleiben. Allerdings sei es der Kämmerei noch nicht gelungen, "einen Goldesel zu züchten", so Mayer-Schwendner. Und ein solches Fabeltier könnte man gut gebrauchen ob der Großprojekte, die in den nächsten Jahren anstehen, etwa der Neubau der Lettenholzschule oder der Hochwasserschutz Rehgraben. Mayer-Schwendner schlug auch vor, den Finanzierungsanteil an die Stadt aus "Zukunftsorientierten Bodennutzung", kurz: ZoBoN, künftig zu erhöhen, um mehr bezahlbare Wohnungen zu schaffen.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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