Tassilo-Preis:Seelisch in die Musik eintauchen

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Kandidaten für den Tassilo-Preis: Franz Deutsch leitet die "Musikwerkstatt Jugend" - ehrenamtlich

Von Reinhard Szyszka, Icking

Der Mann ist ein Organisationstalent. Andere Studenten fahren Taxi oder kellnern, um ihr Studium zu finanzieren; Franz Deutsch betätigte sich schon als junger Mann als Organisator. Der 1956 geborene Ulmer hat in den 1970er Jahren in seiner Heimatstadt Klavier und Flöte studiert und nebenbei die Auftritte zweier Rockbands organisiert - The Face in Ulm und Vanessa in München. Nach dem Studium zog Deutsch 1980 nach München, und 1990 ließ er sich in Icking nieder, wo er seither Klavier- und Querflötenunterricht gibt, aber auch immer wieder Konzerte organisiert. Seinen Schülern hat er auf diese Weise schon vielfältige Auftrittsmöglichkeiten geschaffen.

Die größte organisatorische Herausforderung für Deutsch ist aber die "Musikwerkstatt Jugend". 2005 hat er diesen Verein geschaffen, ohne Vorläufer, im Grunde auch ohne Vorbilder, nur seiner eigenen Vision folgend. Die Grundidee war und ist, junge Musiker an das Orchesterspiel heranzuführen und dafür ein dreigliedriges Orchestersystem aufzubauen. Die Acht- bis Zwölfjährigen lernen im Kinderorchester das gemeinsame Musizieren, die Altersstufe 13 bis 17 spielt in der Sinfonietta, und die jungen Erwachsenen zeigen in der Neuen Philharmonie München ihr Können.

Franz Deutsch hat diese Dreigliedrigkeit eingeführt, um die jungen Künstler von einem Orchester zum anderen weiterreichen und ihren Fähigkeiten entsprechend fördern zu können. Zwischen den beiden unteren Stufen klappt dies auch nach wie vor hervorragend: Wer ein bestimmtes Alter und die notwendige musikalische Reife erreicht hat, wechselt vom Kinderorchester zur Sinfonietta und baut dort sein Können weiter auf.

Die Neue Philharmonie München hingegen hat sich verselbstständigt und ist ein Studentenorchester auf sehr hohem Niveau und von internationalem Zuschnitt geworden, so dass der Wechsel von der Sinfonietta zur Neuen Philharmonie die Ausnahme bleibt. Dies hat aber den Vorteil, dass die jungen Musiker die Sinfonietta nicht bloß als Durchgangsstation wahrnehmen, sondern als etwas Eigenständiges, für das es sich einzusetzen lohnt.

Im Gespräch mit Franz Deutsch merkt man, mit welcher Begeisterung, mit wie viel Herzblut er seine Musikwerkstatt hegt und pflegt. Die organisatorische Abwicklung der Konzerte der Neuen Philharmonie liegt allein in seiner Hand, was mit extrem viel Arbeit verbunden ist: Säle müssen weit im Voraus angemietet werden, Solisten verpflichtet, Plakate gedruckt werden und vieles, vieles mehr. Doch er tut es gerne, denn es ist ihm ein Anliegen, in die Tiefe der Werke einzudringen.

Deutsch legt großen Wert darauf, dass das Orchester vor jeder Konzertserie eine ganze Woche lang in Klausur geht. Das rein Spieltechnische lässt sich in zwei Tagen erlernen, aber das genügt Deutsch nicht: Seine Musiker sollen auch seelisch in die Musik eintauchen und begreifen, was hinter den Noten steht. Die ausgereiften Interpretationen, wie sie in den Konzerten dann zu erleben sind, sprechen für den Erfolg dieses Konzepts.

Franz Deutsch und seine Helfer leisten die enorme Arbeit ehrenamtlich. Die Konzerte sind durchweg als Benefizveranstaltungen organisiert: Für den Verein "Kolibri", der sich um Flüchtlinge kümmert, für den Lions Club oder für andere wohltätige Organisationen. Die Musikwerkstatt erhält einen Festbetrag, der die Unkosten deckt; alles, was an Einnahmen darüber hinausgeht, fließt dem guten Zweck zu. Sponsoren sind immer schwieriger zu bekommen, und es ist jedes Mal eine Herkulesarbeit, so ein Konzert zu stemmen. Doch wenn dann die Musik erklingt und die jungen Musiker mit Begeisterung bei der Sache sind, dann weiß Franz Deutsch: Es hat sich wieder mal gelohnt.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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