SZ-Serie: Ehrensache, Teil 12:Mit Spürnase und Teamgeist

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Vanessa Schallmoser und ihr Labrador Retriever Woody sind bis zu zwei Dutzend Mal im Jahr mit der Hundestaffel als Lebensretter im Einsatz

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

Der eigene Hund: Das ist der Wunsch vieler Kinder. Vanessa Schallmoser machte da keine Ausnahme. Doch zunächst sollte es ein anderer Mädchentraum werden. "Mir ist ein Pferd dazwischengekommen", sagt die 33-Jährige. Im Jahr 2012 trat schließlich Woody in ihr Leben, ein Labrador Retriever. Und natürlich der beste Hund von allen. Weil für Schallmoser stets feststand, dass sie einen Hund "mit Aufgabe" möchte, engagiert sie sich in der Rettungshundestaffel des Roten Kreuzes (BRK) im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Ein Ehrenamt, das viel Engagement und Idealismus von den Aktiven fordert. Für die junge Frau steht eines im Vordergrund: der Dienst am Menschen. Rund um die Uhr.

Schallmoser lebt in Schliersee. In die Hilfsorganisation "reingerutscht" sei sie mit 14 Jahren. 1999 begann sie die Ausbildung bei der Freiwilligen Feuerwehr. Sie habe sich wohlgefühlt in dieser Gemeinschaft. 2010 ging sie zur BRK-Rettungshundestaffel - vorerst noch ohne Hund als Helferin. "Ich wollte mir die Arbeit anschauen", erzählt sie.

Zwei Jahre später fällt die Entscheidung, den nächsten Schritt zu tun. Schallmoser will Hundeführerin werden. Sie schaut sich bei Züchtern um. Die Wahl fällt auf einen Labrador Retriever aus der Arbeitslinie. Woody kommt ins Haus - und somit unzählige Stunden an Ausbildung und Training. Denn die Arbeit in einer Rettungshundestaffel umfasst für Mensch und Hund ein straffes Programm.

Allein der Lehrgang zum Sanitäter dauert 80 Stunden. Wer Hundeführer in einer Rettungshundestaffel werden möchte, muss neben Erster Hilfe auch Karten lesen, ein Funkgerät bedienen und natürlich physisch und psychisch in guter Verfassung sein. Ein Hundeführer sollte stets wissen, wo er sich befindet, und wo sein Hund ist. Aber vor allem kommt es auf den Teamgeist zwischen Mensch und Hund an. Es ist der Hund, der die vermisste Person findet, ehe der Besitzer oder die Besitzerin sich um deren medizinische Grundversorgung kümmern kann. Die Ausbildung dauert in der Regel zwei Jahre. "Es kommt auf den Hund und seinen Führer an, wie schnell das Ganze geht", sagt Schallmoser. Bei den Menschen scheitere die Ausbildung oftmals an der Zeit.

Bei der Ausbildung des Hundes macht sich der Mensch dessen gute Spürnase zunutze. In der Minute verliert ein Mensch 30 000 bis 40 000 Hautzellen. Deren Witterung nimmt der Rettungshund bei der Flächensuche auf - zu jeder Tages- und Nachtzeit. Ungünstige Witterungsverhältnisse wie Wind können den Hund bei seiner Suche maßgeblich beeinflussen.

Die Rettungshundeprüfung wird alle 18 Monate wiederholt. Mindestens zweimal in der Woche ist Training, bei jedem Wetter. "Sechs Stunden reichen da oft nicht." Dazu noch Wochenenden für diverse Lehrgänge. Die Frage, wie viele Stunden im Jahr sie für ihr Ehrenamt investiere, könne sie "Gott sei Dank" nicht beantworten, sagt die 33-Jährige. "Wenn man mich fragen würde, warum ich das mache ... weil es eine Ehre für mich ist." Das gilt insbesondere deshalb, weil Schallmoser Anwärterin zur Ausbilderin ist in der Rettungshundestaffel. Allerdings wäre ohne einen toleranten Partner und "kulante" Chefs, wie sie sagt, vieles schwieriger. Schallmoser ist Assistentin der Geschäftsführung der Kreisklinik Agatharied. Das "Medizinische" liege ihr. Die 33-Jährige hat sich zur Rettungssanitäterin fortgebildet.

Seit neun Jahren ist die Schlierseerin aktiv in der Tölzer Staffel. Zu 20 bis 25 Einsätze im Jahr werden die Retter alarmiert. Ins Detail möchte die 33-Jährige zu den Einsätzen nicht gehen, aus Rücksicht auf die Angehörigen. Nicht immer finden die Ehrenamtlichen die Vermissten lebend. Am häufigsten werde die Staffel zur Suche von an Demenz Erkrankten hinzugezogen, die desorientiert sind. Kinder, die sich verlaufen haben, werden ebenso von den Mensch-Hunde-Teams aufgespürt wie Suizidgefährdete. Die Rettungshundestaffeln arbeiten eng mit Polizei und anderen Hilfsorganisationen wie Feuerwehr, Technischem Hilfswerk oder Wasserwacht zusammen.

Woody ist jetzt sechs Jahre alt. Solange er Spaß an seiner Arbeit habe, werde er eingesetzt, sagt Schallmoser. Geeignet sind grundsätzlich alle Hunde. Sie sollten höchstens drei Jahre alt, mindestens kniehoch und nicht zu schwer sein und über einen Spieltrieb verfügen. "Auch sollen sie keine massiven Ängste und ein gutes Sozialverhalten haben. Und Menschen mögen." So wie Woody, der Seelenhund mit eigenem Instagram-Auftritt (woody_der glueckliche).

© SZ vom 09.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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