Stiftung Kulturerbe in Bayern:Neugierig auf das alte Schulhaus

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Die Stiftung lobt Sanierungsprojekt in Holzhausen als Glücksfall

Von Benjamin Engel, Münsing

Im alten Holzhauser Schulhaus drücken Kinder schon lange nicht mehr die Bank im Unterricht. Dennoch ist das 1913 errichtete, denkmalgeschützte Haus noch immer ein lebendiger Ort. Vereine nutzen die Räume im Erdgeschoss für ihre Aktivitäten, eine Wohnung im Obergeschoss ist vermietet. Dass dies so bleiben kann, hat sich die Gemeinde vor wenigen Jahren etwa 300 000 Euro kosten lassen. Die Fenster wurden saniert, der Dachgeschossboden erhielt eine Dämmung, um den Energieverbrauch zu senken. Ebenso renovierte die Gemeinde die Dachhaut und den Kamin des barockisierenden Hauses mit Walmdach.

Das von Karl Bauer errichtete Gebäude am Hügel schräg unterhalb der Holzhauser Pfarrkirche ist ortsbildprägend. Für Alexander Freiherr von Hornstein ist die Sanierung ein Glücksfall. Denn manches historische Gebäude sei aus anderen Kommunen längst verschwunden, weil die Politik einen Neubau wollte, sagt das Vorstandsmitglied der Stiftung Kulturerbe Bayern. "Ich schaue mich mit großen Augen um, weil die Stiftung überlegt, selbst ein Schulhaus zu erwerben." Dazu nimmt er auch Holzhausen in den Fokus.

Zum Schutz und zum Erhalt historisch bedeutender Gebäude hat sich die Stiftung Kulturerbe Bayern erst im November 2018 gegründet. Sie setzt Projekte um und übernimmt die Verwaltung. "Wir wollen in dauerhaftes Eigentum übernehmen, fachgerecht sanieren und Nutzungskonzepte erstellen", beschreibt von Hornstein die Grundidee der Stiftung. Inzwischen verwaltet sie einen Kapitalstock von 1,38 Millionen Euro und ein Treuhandvermögen von 2,9 Millionen Euro.

Die Initiative Kulturerbe Bayern ruht allerdings noch auf einer zweiten Säule. 2015 hatte sich bereits der gleichnamige Verein gegründet. Er sollte laut von Hornstein die Gründung der Stiftung vorbereiten. Mittlerweile hat der Verein mehr als 1000 Mitglieder. 220 sogenannte Volunteers helfen ehrenamtlich bei Projekten mit. Im Murnauer Seidl-Park haben einige mitgearbeitet, um Gehölz auszuschneiden und historische Sichtachsen wieder sichtbar zu machen. Gleichzeitig schließt sich mit dem Verein auch der Kreis zur Region. Dessen stellvertretende Vorsitzende ist Sybille Krafft. Die Ickinger Historikerin hat den Aufbau des Badehauses im Wolfratshauser Stadtteil Waldram als Erinnerungsort maßgeblich mitgestaltet. Schriftführerin des Vereins Kulturerbe Bayern ist Ursula Scriba, zugleich Vorsitzende des Ostuferschutzverbandes (OSV).

Das erste Objekt der Stiftung Kulturerbe Bayern war ein Gebäude aus dem 15. Jahrhundert in der Judengasse 10 in Rothenburg ob der Tauber. Laut von Hornstein wurde das Haus 1409/10 erbaut. Bemerkenswert daran sind die Holz-Bohlenstube aus der Entstehungszeit sowie eine Mikwe - ein jüdisches Ritualbad - im Keller. "Es ist die einzige in Deutschland sicher bestätigte Mikwe aus dem 15. Jahrhundert, die zusammen mit dem dazugehörenden Haus überliefert ist", sagt von Hornstein.

Bei Ausgrabungen im Gebäude haben Ehrenamtliche mitgeholfen. Die gesamte Sanierung wird laut dem Vorstandsmitglied der Kulturerbe-Stiftung 1,5 Millionen Euro kosten. Das mittelalterliche Ritualbad solle später öffentlich zugänglich werden. In der Bohlenstube sei ein Begegnungsraum geplant, außerdem ein Veranstaltungsraum im Erdgeschoss. "Wir wollen keine museale Käseglocke über Bayern legen, sondern eine lebendige Sache sein", sagt von Hornstein.

Die Initiative Kulturerbe Bayern orientiert sich an der britischen Denkmalpflege- und Naturschutz-Organisation National Trust. Nach diesem Vorbild wolle Kulturerbe Bayern im Freistaat agieren, teilt von Hornstein mit. Derzeit plane die Initiative beispielsweise die Übernahme einer Burg oder eines Künstlernachlasses. Die von Verlust bedrohte Kulturvielfalt im Freistaat zu erhalten, sei das zentrale Anliegen, sagt er.

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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