Starkbierfest in Königsdorf:Scharfzüngig im Mönchsgewand

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"Die Politiker sind die Kasperl, und die Bürger sind die Deppen", sinnierte Bruder Josefus als Bußprediger bei seinem Auftritt auf dem Starkbierfest in Königsdorf. (Foto: Manfred Neubauer)

Bruder Josefus, alias Josef Wammetsberger, nimmt sich beim Derblecken die Inhaltsschwere von Wahlaussagen, den CO₂-Ausstoß beim Bierflaschenöffnen und wechselwillige FW-Politiker vor

Von Wolfgang Schäl, Königsdorf

Der Abgang war überraschend. Nach seinem Auftritt als Bußprediger zerfetzte Josefus, alias Josef Wammetsberger, demonstrativ sein Redemanuskript mit der Begründung: "Ich mach' das lieber selber, bevor mich die Presse zerreißt." Kritik brauchte Josefus an diesem Abend indes nicht zu befürchten. Dem scharfzüngigen Festredner im Mönchsgewand flogen am Samstagabend bei der Starkbierprobe in Königsdorf die Sympathien nur so zu, am Ende seiner Rede im vollbesetzten Trachtenheim erntete er begeisterten Applaus. Insgesamt war es ein gelungenes kommunalpolitisches Derblecken, zu dem die Unabhängige Bürgerliste (UBL) eingeladen hatte, für Stimmung an den Krügen sorgten mit Gitarre und Quetsche sehr professionell auch "Die zwoa Strawanzer" aus Eschenlohe.

Ein bisschen Nabelschau musste bei aller Satire dann aber doch noch sein: Gemeinderat Bernhard Woisetschläger verwies auf eine "dreißigjährige Erfolgsgeschichte der UBL", die es allerdings noch nicht vermocht habe, die Mehrheit der CSU-Fraktion zu brechen und mit einem eigenen Bürgermeisterkandidaten anzutreten. Bei der UBL habe sich für das Amt leider niemand beworben. Weil der noch amtierende Anton Demmel als Kandidat für das Amt des Landrats den Bürgermeistersessel räumt, steht CSU-Mann Rainer Kopnicky als Nachfolger im Rathaus praktisch schon fest. Als Nahziel visiert die UBL an, wenigstens die Zahl der vier bisher amtierenden Gemeinderäte am kommenden Sonntag auf sechs zu erhöhen. Die nicht allzu inhaltsschwere Parole zu diesem Zweck lautet: "Wir sagen, was wir tun, wir tun, was wir sagen."

Für Josefus ein willkommener Aufhänger, um sich über die Austauschbarkeit von Wahlaussagen lustig zu machen. "Alle sind für alles", schlussfolgerte er, "verschieden ist nur die Reihenfolge." Trotzdem riet der Redner der UBL: "Lasst's euch eure Wahlaussage patentieren." Dass die Politik allgemein und speziell in Königsdorf "ein Kasperltheater" sei, demonstrierte der Prediger am kunstvoll konstruierten Modell eines Karussells, auf dem er bunt gewandete Puppen mit Hilfe zweier hölzerner Grillzangen im Kreis bewegte. So sei es eben: "Die Politiker sind die Kasperl, und die Bürger die Deppen", sinnierte Josefus, der sich nach eigener Aussage im Gemeinderat seine Beobachtungen "jahrelang genau aufgeschrieben" hat. Zu den dabei notierten markanten Ereignissen zählte er den mehrjährigen Streit um die sündteure Trinkwasser-Filtrationsanlage, wegen der Demmel in heftigen Streit mit Landrat Josef Niedermaier geraten war, was ihn vor zwei Jahren veranlasste, von den Freien Wählern zur CSU zu wechseln. Erst vor wenigen Monaten war auch Kopnicky von der FW-Liste zur Union übergetreten. "Ist da noch jemand, der zur CSU gehen will", fragte Josefus in den Saal: "Eine Woche lang ist ja jetzt noch Zeit dafür. Ansonsten wird's wahrscheinlich doch der Kopnicky-" Im Rathaus gibt es nach Josefus' Beobachtung künftig ein paar wichtige Dinge zu regeln. Der neue Bürgermeister müsse endlich einen ordentlichen Sessel bekommen, und "der Zickenkrieg in der Verwaltung", der müsse auch mal aufhören.

Handlungsbedarf besteht nach Josefus' Betrachtungen bei der Königsdorfer Bevölkerungsentwicklung. Die sei besorgniserregend, weil Frauen wiederholt mehr als zwei Kinder bekommen hätten. Da müssten der Pfarrer und der noch ledige designierte Bürgermeister dagegenhalten. Ausführlich beschäftigte sich der Redner mit dem Thema Umwelt, insbesondere mit dem CO₂-Ausstoß beim Öffnen einer Bierflasche. Die müsse man sofort austrinken, nehme den Klima-Schadstoff dann freilich wiederum im Körper auf, der ihn seinerseits schnell loswerden wolle. Als finanziellen ökologischen Ausgleich riet Josefus deshalb zur Einführung einer "Rülps- und Schoaßsteuer". Generell übte sich Josefus in Zuversicht über die Zukunft der Menschheit. "Wir haben bisher noch alles überlebt, sogar den Rinderwahnsinn, und wahrscheinlich auch bald die Känguru-Seuche." Er sei guter Dinge, versicherte der Prediger, "denn der einzige Mist, auf dem nix wächst, ist der Pessimist."

© SZ vom 09.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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