Stadtrat Wolfratshausen:Obdachlosenheim sprengt Kostenrahmen

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Schreck im Wolfratshauser Stadtrat: Der umstrittene Neubau der Notunterkunft an der Münchner Straße kostet die Stadt um 20 Prozent mehr als geplant.

W. Schäl

Eine unerwartete Hiobsbotschaft mussten die Wolfratshauser Stadträte am Mittwoch im Bau- und Umweltausschuss zur Kenntnis nehmen: Die neue Obdachlosenunterkunft an der Münchner Straße wird deutlich teurer als angenommen. Statt der ursprünglich veranschlagten 637.000 Euro muss die Stadt jetzt insgesamt rund 173.000 Euro mehr aufbringen.

Am Fuß des Bergwalds in der Münchner Straße wird längst gebaut. Mit den Wänden wachsen auch die Kostenschätzungen in die Höhe. (Foto: Bernhard Lohr)

Im Juli 2009 war die Kostenschätzung schon einmal auf 674.000 Euro nach oben korrigiert worden, nun ist der finanzielle Aufwand für den Umbau und die Erweiterung des Gebäudes bei 810000 Euro angelangt. Unter den Ausschussmitgliedern löste diese Steigerung um 20,2 Prozent großen Unmut aus. "Wir sind enttäuscht, da sind Fehler gemacht worden, und das gefällt mir nicht", schrieb Bürgermeister Helmut Forster dem Architekten Klaus Hagemann ins Stammbuch. "130.000 Euro Mehrkosten sind ein Betrag, mit dem wir nicht rechnen mussten."

Hagemann war ins Rathaus zitiert worden und musste sich vor dem Ausschuss detailliert rechtfertigen. Den Ärger auszuräumen gelang ihm nicht, nur murrend akzeptierten die Ratsmitglieder letztlich den zusätzlichen Kostenaufwand. Klaus Heilinglechner (BVW) wurde am Ende der Debatte ziemlich deutlich: Hagemann habe einen guten Ruf als Architekt zu verlieren und wäre nach Meinung des BVW-Vertreters gut beraten, "sich da noch etwas einfallen zu lassen" - eine unverblümte Anspielung auf das Honorar des Planers.

Aus Hagemanns Sicht waren mehrere Gründe ursächlich für die Kostensteigerung, die er in diesem Umfang noch nie erlebt habe. Im Zentrum seiner Argumentation stand "das große Thema Ausschreibung". Er habe die Unterlagen an acht Firmen geschickt und gerade mal zwei Angebote bekommen. Der Bietermarkt sei derzeit gesättigt. Dies habe umso mehr eine Rolle gespielt, als man sich im Interesse der heimischen Wirtschaft ausschließlich an regionale Unternehmen gewandt habe, und dies sei unter den aktuellen Umständen ein großes Problem. Da könne es leicht geschehen, dass ein Angebot 10 bis 20 Prozent über dem Anschlag liege, "in so einer Situation kommen nicht unbedingt günstige Angebote herein." Dass sich die Auftragslage so entwickeln würde, hat nach Hagemanns Worten "vor einem Jahr noch niemand geahnt".

Daneben machte der Architekt auch technische Gründe geltend. Nach der Rodung des Grundstücks sei festgestellt worden, dass jede Menge Schutt und Unrat dort lagerte. Dies sei vorher nicht erkennbar gewesen. Eine Rolle habe auch die starke Neigung der Fläche zur B 11 hin gespielt. Dadurch sei man gezwungen gewesen, den Aushub für den Anbau abzutransportieren, statt ihn direkt vor Ort zwischenzulagern. Als weiteren Aspekt führte der Planer die Eibe auf dem Grundstück an, die nach dem Willen der Stadt unbedingt erhalten werden sollte, bei den Bauarbeiten aber im Weg stand.

"Es war sehr schwierig, um die herum zu arbeiten, das hat bei den Kosten eine große Rolle gespielt". Als kostentreibende Faktoren zählte Hagemann schließlich noch die Preissteigerungen am Stahlmarkt, die schwierige Ableitung des Regenwassers und die großen Lücken im Mauerwerk auf, die man zuvor nicht habe erkennen können. Was das Architektenhonorar betrifft, versicherte Hagemann, dass er sich ohnehin "auf der untersten Ebene" bewege.

Überzeugen konnte der Planer die verärgerten Ratsmitglieder nicht. Unter anderem zweifelten sie an, dass die Ausschreibung zum richtigen Zeitpunkt erfolgte. Manfred Fleischer (CSU) sprach sich dafür aus, bei öffentlichen Bauvorhaben künftig zu trennen zwischen der Bauleitung und den Architektenleistungen. Von Anfang an sei seine Fraktion dafür gewesen, die Kosten zu deckeln. Nun müsse man sich obendrein fragen, "ob das jetzt das Ende der Fahnenstange ist".

© SZ vom 10.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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