Stadtentwicklung:Massiv statt markant

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In Wolfratshausen wird an exponierter Stelle nahe dem Bahnhof ein Haus aus dem Jahr 1920 abgerissen. Der gültige Plan für das Areal erlaubt eine "ordentlich dichte Bebauung".

Wolfgang Schäl

Das knapp 100 Jahre alte Haus mit dem markanten Walmdach an der Sauerlacher Straße Ecke Floßkanal soll in etwa einem Jahr abgebrochen werden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Stadt Wolfratshausen verändert im Bereich Bahnhofstraße/Floßkanal immer mehr ihr Gesicht. Nachdem die beiden riesigen Wohn- und Geschäftsblöcke auf dem ehemaligen Postgelände soeben fertiggestellt worden sind und das Gebäude der Baugenossenschaft seit drei Jahren den Floßkanal dominiert, wird demnächst die Ecke Sauerlacher Straße und Floßkanal eine einschneidende optische Änderung erfahren: Die Eckbebauung mit dem markanten Walmdach soll in etwa einem Jahr abgebrochen werden. Damit werden sich die bisherigen Mieter, darunter das seit zwei Jahrzehnten gut eingeführte Sportgeschäft Dirrigl samt einer dazugehörigen Fahrradwerkstatt, ein Hausarzt, ein Tierarzt und ein Nachhilfestudio, eine neue Bleibe suchen müssen.

Die Eigentümerin, die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, bestätigt, dass die Betroffenen bereits verständigt worden sind und dass man an dieser exponierten Stelle ein neues Projekt plane. Entstehen soll dort ein "modernes Wohn- und Geschäftshaus", wie Sparkassensprecher Willi Streicher bestätigt. Das bestehende Gebäude stammt aus dem Jahr 1920, der Anbau aus den sechziger Jahren, beide sind nach Streichers Worten stark renovierungsbedürftig und müssten energetisch saniert werden, auch die Elektroinstallationen und der Brandschutz seien längst nicht mehr auf dem Stand der Zeit. Das Gebäude selbst ist Streicher zufolge ebenfalls in schlechtem Zustand, sodass eine Sanierung des Objektes "wirtschaftlich nicht mehr darstellbar" sei.

Als Zeithorizont für den Abriss nennt Streicher den Oktober 2014, als Termin für den Bezug des neuen Komplexes das Frühjahr 2016 - allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass keine unerwarteten Schwierigkeiten auftreten. Die Mieter hätten nunmehr gut ein Jahr Zeit, sich neu zu orientieren, man werde ihnen, sofern Interesse an einem späteren Mietverhältnis bestehe, auch gern entgegenkommen. Streicher zufolge liegt bis jetzt noch kein konkreter Bauplan vor, ein Architekt sei noch nicht beauftragt worden, und auch einen Abbruchantrag habe man bei der Stadt noch nicht eingereicht.

Dies bestätigt Susanne Leonhard vom Stadtbauamt. Ein rechtsgültiger, wenngleich relativ alter Bebauungsplan unter der Bezeichnung 19b liegt nach ihren Unterlagen vor, er stammt aus dem Jahr 1988 und erlaubt eine bezogen auf die Umgebung vergleichsweise massive Bebauung. Den Vorgaben zufolge könnte das Eck-Areal jedenfalls intensiver genutzt werden, als es derzeit der Fall ist. Dies ergibt sich aus der festgesetzten Geschossflächenzahl von 1,0 im Bereich des höheren Gebäudes und einer Grundflächenzahl von 0,4. Nach Leonhards Einschätzung lässt dies "eine ordentlich dichte Bebauung" zu. Gestalterisch sei nur ein Satteldach parallel zur Sauerlacher Straße möglich.

Gabi Dirrigl, die Inhaberin des seit fast zwei Jahrzehnten bestehenden Sportgeschäfts, in dem sie mit drei Angestellten auf einer Verkaufsfläche von 350 Quadratmetern arbeitet, zeigte sich am Mittwoch bestürzt über die Pläne. Sie habe die Kündigung des Mietvertrags gerade erst erhalten und "überhaupt nicht damit gerechnet", sagte sie, "wir alle sind sehr erschrocken". Einen gleich großen Laden in entsprechend günstiger Lage zu finden, werde sehr schwierig werden, im Augenblick könne sie gar nicht sagen, wie man auf die neue Situation reagieren solle. Die Option, in dem neuen Bau unterzukommen, sieht Gabi Dirrigl nicht - zwei Jahre mit einer Zwischenlösung zu überbrücken sei kaum möglich.

© SZ vom 21.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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