"Sing, Seele":Wieder ein Wunder

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"Sing, Seele": Andrea Fessmann und ihre Workshop-Teilnehmer beim Abschlusskonzert in Benediktbeuern. (Foto: Manfred Neubauer)

Andrea Fessmann bringt einen Chor-Workshop zur Konzertreife

Von Sabine Näher, Benediktbeuern

Andrea Fessmann und Chormusik: Das sind in der Region fast schon synonyme Begriffe. Wie sehr der Name der in Iffeldorf lebenden Sängerin und Dirigentin mit spannenden Chorprojekten verbunden wird, zeigt sich daran, dass die Basilika des Klosters Benediktbeuern am Samstagnachmittag fast komplett gefüllt ist. Und das an einem wunderbaren Sommertag und obwohl nur ein Werkstattkonzert auf dem Programm steht, nämlich das Abschlusskonzert des Chor-Workshops "Singe, Seele", der eine Woche lang im Kloster stattgefunden hat. Das allerdings schon zum fünften Mal - und bei unverändert großer Nachfrage durch Sänger aus der Region und weit darüber hinaus.

Knapp 50 Interessenten waren zusammen gekommen, darunter Musikbegeisterte aus Köln, Leipzig und Würzburg. "Je ein Drittel Wiederholungstäter, Chorerfahrene und blutige Anfänger", erklärt Hans Hoche, der selbst begeistert mittut und die Pressearbeit für den Verein "Klangkunst im Pfaffenwinkel" übernimmt. "Wer die erste Probe gehört hat und nun dieses Abschlusskonzert erlebt, muss von einem Wunder sprechen."

Dass Andrea Fessmann die Gabe hat, aus einer sehr heterogenen Gruppe in kürzester Zeit einen konzertfähigen Chor zu formen, hat sie wiederholt bewiesen. Das bestätigt auch Georg Beirer aus Bamberg, der zum zweiten Mal dabei ist. Für ihn ist diese Woche "eine wunderbare Gelegenheit, schnell mal aus dem Alltag auszusteigen", so der im therapeutischen Bereich Selbständige, der früher viel im Chor sang, seit Jahren aber beruflich zu eingespannt ist, um das Singen in den Alltag zu integrieren. So macht er also Kompakt-Singen in Benediktbeuern - und lobt die Stimmbildung durch Martin Petzold, den Leipziger Kammersänger, der Fessmann seit Anbeginn zur Seite steht. "Martin lässt mich meine Stimme, die ich auch beruflich einsetzen muss, neu spüren und erfahren. Ich lerne sie hier nochmals neu kennen."

Aus Minnesota kommt die junge Amerikanerin Natalie Bey, die gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr in München absolviert. Sie singt zuhause im High-School-Chor, spielt Klavier und hat in Benediktbeuern ihre ersten sängerischen Erfahrungen in Deutschland gesammelt. Es habe ihr sehr gefallen, erzählt sie und erwähnt den netten Kontakt zwischen den Chorsängern und die gemeinsamen Unternehmungen über die Probenarbeit hinaus.

Dann stürzt die Truppe, die zur Generalprobe im luftigen Sommer-Outfit in der Kirche stand, los, um sich umzukleiden. Auch Andrea Fessmann tauscht den geblümten Sommerrock und die roten Turnschuhe mit einem ebenso eleganten wie seriösen schwarzen Konzertgewand. Kurz darauf versammeln sich die Sänger am Eingangsportal, stimmen den Kanon "Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr" an und schreiten singend nach vorne, das Publikum in den Klang einhüllend. Ein sehr stimmungsvoller Auftakt.

Wie immer bei diesen Workshops hat Fessmann ein Programm zusammengestellt, das keine stilistischen Grenzen kennt. Da steht der Bach-Choral neben dem Gospel und Mozarts "Ave verum" neben Leonhard Cohens "Halleluja". Und das funktioniert, denn Fessmann sucht und findet das Verbindende in den sonst strikt getrennten Musikrichtungen. So lautete das Motto der Woche "Singe, Seele" - und zur "Seelenmusik" kann alles werden, was diese schwingen lässt.

Am Klavier beziehungsweise der Truhenorgel sekundiert Klaus Fessmann, Professor am Salzburger Mozarteum, seiner Gattin. Und welch Glücksfall, wenn die Chorleiterin zugleich ihre eigene Solistin ist und Mozarts "Agnus Dei" oder Bachs "Bist du bei mir" berührend darbieten kann.

In ihrer Begrüßung hatte Fessmann auf ein Marienlied aus Italien hingewiesen: "Sie werden schmunzeln!" Es entpuppt sich als "O du fröhliche" - und sofort verbreitet sich weihnachtliche Feststimmung. Darauf in starkem Kontrast ein Marienlied aus dem Irak, unbegleitet dargeboten von Bushra Poles, einer irakischen Christin: in seiner Fremdheit sehr berührend und eine ganz besondere Farbe in diesem ohnehin farbenreichen Konzert.

Das Publikum darf natürlich auch aktiv werden: Ein Sanctus-Kanon wird rasch einstudiert und verbindet alle - im unvergleichlichen Erlebnis des gemeinsamen Singens.

© SZ vom 20.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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