Sichtbare Folge des Gedenkjahrs:Von Lübeck nach Bad Tölz

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Einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts: Thomas Mann (1875 bis 1955). (Foto: dpa)

Die Deutsche Thomas-Mann-Gesellschaft tagt erstmals in der Kreisstadt, die einst ein Sommersitz des Dichters war

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Der Blick aus dem Erkerzimmer des "Herrensitzchens" geht hinaus auf eine Wiese, die in der Ferne von einer Baumreihe begrenzt wird. Viel dürfte sich an dieser Perspektive in den vergangenen 100 Jahren nicht verändert haben, seit Thomas Mann dort vor dem Fenster seiner Tölzer Sommervilla saß und neben anderem große Teile der Novelle "Der Tod in Venedig" verfasste. Sie ist eine Krönung seines Frühwerks, weshalb sich die Deutsche Thomas-Mann-Gesellschaft aus Lübeck in ihrem Herbst-Kolloquium in Bad Tölz vor allem mit den frühen, in und um München entstandenen Erzählungen des Schriftstellers befasst. Die Tagung findet aus Anlass des Thomas-Mann-Jahrs im Kurhaus statt - von Freitag, 15. September, bis zum Sonntag, 17. September. Auch Zuhörer, die das Werk des Literatur-Nobelpreisträgers schätzen, ohne der Gesellschaft anzugehören, können teilnehmen.

Die Tagung widmet sich drei Schwerpunkten. Der erste dreht sich um Kulturräume und literarische Auseinandersetzungen mit der Boheme, die Thomas Mann in seinem Frühwerk unternahm. Der zweite Themenkreis sind die Schreibstrategien in den frühen Werken, die Narrative, Strukturen und Motive des Schriftstellers. Im dritten Segment geht es um Raumordnungen, grob ausgedrückt: um die Topologie. Um die Gegensätze von Lübeck und München, um Stadt und Land, um Norm und Abweichung.

Nach der Eröffnung der Tagung am Freitag, 15. September, um 14 Uhr durch den Vorsitzenden der Thomas-Mann-Gesellschaft, Professor Hans Wißkirchen, befasst sich Professor Hans Rudolf Vaget mit der Erzählung "Gladius Dei", einem Schlüsseltext zum Verständnis des Münchner Ästhetizismus. Über Traditionsbruch und Selbsthistorisierung bei Mann spricht Privatdozentin Friederike Reents (14.45 Uhr), über Verhältnisse der Geschlechter am Beispiel der Erzählung "Der Wille zum Glück" referiert Sven Glawion (Universidade de Brasilia) von 15.45 Uhr an. Der Schauspieler und Sänger Markus Eberhard liest abends von 20 Uhr an aus Werken von Mann im Tölzer Rathaus (Eintritt frei).

Die Erzählverfahren von Thomas Mann prägen das Programm am Samstag, 16. September. Vor allem mit den ersten Sätzen im Frühwerk beschäftigt sich Jean-Francois Laplénie von der Sorbonne (9.30 Uhr), mit dem Drama "Fiorenza" setzt sich Professorin Elisabeth Galvan von der Universität Neapel auseinander (10 Uhr). Was Speisen, Tischgesellschaften und Repräsentationsräume in Manns frühem Werk zu bedeuten haben, erläutert Sebastian Zilles von der Universität Siegen (11 Uhr). Unter der Leitung des Tölzer Mann-Forschers Martin Hake besichtigen die Teilnehmer des Kolloquiums am Nachmittag um 15.30 Uhr den Park der Mann-Villa an der Heißstraße und danach die Ausstellung "Von der Königlichen Hoheit bis zum Zauberberg" im Tölzer Stadtmuseum.

Über atmosphärische Räume im Frühwerk von Thomas Mann spricht Claudio Steiger von der Universität Neuchâtel am Sonntag, 17. September, von 9.30 Uhr an. Die Tölzer Villa als Schauplatz im Werk von Klaus Mann erläutert Professor Ruprecht Wimmer von der Katholischen Universität Eichstätt (10 Uhr). Der Schlusspunkt der Tagung ist die Verleihung der Thomas-Mann-Medaille an Professor Luca Crescenzi von der Universität Trient (12 Uhr).

Für Nicht-Mitglieder kostet die Tageskarte 20 Euro, das Ticket für die gesamte Tagung 50 Euro. Weitere Informationen sind unter Telefon 0451/122 42 75, E-Mail: info@thomas-mann-gesellschaft.de zu bekommen.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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