Schäftlarn:Ein Dorf, ein Fest

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Beim vierfachen Vereinejubiläum machen alle mit. Jung und Alt, Eingesessene und Zugezogene genießen ein abwechslungsreiches Programm im und ums Festzelt.

Von Ingrid Hügenell

Die Kinder- und Jugendgruppe des Trachtenvereins Almrösl tanzte mit. (Foto: Hartmut Pöstges)

Am Nachmittag füllt sich das Festzelt. Alle kommen: Junge Familien mit Kindern, ältere Leute, Gruppen von Jugendlichen. Neufahrner, Ebenhauser, Zeller feiern mit den Hohenschäftlarnern die Jubiläumsvereine. Neu Zugezogene nutzen die Gelegenheit ebenso wie Alteingesessene. Nikola Gloystein und ihr Sohn zum Beispiel leben erst seit einem Jahr im Dorf, sie freuen sich ebenso über die Festtage wie Georg Reindl, gebürtiger Hohenschäftlarner, der an das letzte große Fest erinnert: 2000 war das, als die Feuerwehr ihr 125-jähriges Bestehen beging.

Die Feuerwehren sind auch am Samstag mit dabei, sie zeigen, wie man ein eingeklemmtes Unfallopfer aus dem Wrack eines Autos birgt. Rettungsschere und Rettungsspreizer kommen zum Einsatz. Der stellvertretende Kommandant von Hohenschäftlarn, Daniel Buck, erklärt das Vorgehen der Feuerwehrkollegen aus Ebenhausen. Vor dem Zelt sind neben einer Schiffschaukel ein Schießstand, ein Glückshafen und ein Süßigkeitenstand aufgebaut. Viele Blicke zieht auf dem Weg zum Zelt die Oldtimer-Ausstellung auf sich.

Ganz selbstverständlich sitzen einige Menschen mit Behinderung im Zelt an den Biertischen. Sie sind mit ihren Familien da, wie ein junge Frau im Rollstuhl. Sie wohnt in der Nähe des Festplatzes und findet das Fest "klasse". Vor allem für Kinder sei es eine schöne Sache. "Mein dreijähriger Sohn ist grade Schiffschaukeln", sagt sie. Ein großes Gefühl von Gemeinschaft, von Zusammengehörigkeit liegt über der Szene im Zelt. Menschen in Lederhosen oder Dirndl sitzen neben solchen in Jeans und Sommerkleid bei Hendl, Schweinsbraten, Kaffee und Kuchen. Sie schauen den Trachtlern auf der Bühne zu oder unterhalten sich. Seit Donnerstag feiern die Schäftlarner miteinander und mit den vier Vereinen, die zusammen 345 Jahre alt werden. Die Schützengesellschaft kann auf 125 Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken, der Liederkranz, gegründet als Männergesangsverein, auf 100. Seit 90 Jahren gibt es den Gebirgstrachtenerhaltungsverein Almrösl und seit 30 Jahren den Musikverein. Wer mag, kann sich auf Stelltafeln historische und neue Fotos aus der Vereinsgeschichte anschauen. Der Liederkranz hat seine Ehrentafel ausgestellt, die Schützen zeigen zwei Schützenscheiben.

Direkt daneben wird Bier verkauft, in Flaschen, was in einem Festzelt eher ungewöhnlich ist. Es handelt sich um eigens gebrautes Helles in Bioqualität mit schönen, speziell für die Festtage gestalteten Etiketten. Die Gastvereine, die zum Beispiel aus Irschenhausen, Wolfratshausen oder Egling zum Mitfeiern gekommen sind, erhalten sie im Sechserpack als Gastgeschenk, alle anderen können sie als Erinnerung kaufen. Die Herkunft der Paten- und Gastvereine zeigt deutlich, wo Schäftlarn ursprünglich beheimatet war: im Altlandkreis Wolfratshausen nämlich.

Während sich vorne auf der Bühne die Chöre bereit machen - neben dem Liederkranz tritt auch der Neufahrner "Heartchor" auf -, kann man sich hinten über ein Projekt von Studenten der Hochschule München informieren. Sie zeigen Energiesparideen aus aller Welt auf. Daneben ein Stand, an dem Bürgermeister Matthias Ruhdorfer den neuen Bildband "Schäftlarn - Bilder im Wandel der Zeit" verkauft. Auf der anderen Zeltseite hatte die Schützengesellschaft einen Laser-Schießstand aufgebaut, an dem vor allem Kinder ihre Geschicklichkeit testen. "Die Erwachsenen trauen sich oft nicht so", erklärt Hans Dichtl, früher Jugendleiter des Vereins. "Aber die Jungen freuen sich und haben schnell heraus, wie es funktioniert." Am Stand des Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte aus München kann man seine Bairisch-Kenntnisse testen.

Herbert Schwarz vom Musikverein, einer der Haupt-Organisatoren, ist am Samstagnachmittag zufrieden mit dem Verlauf des Fests. Am Donnerstag, zur Auftaktveranstaltung mit Berthold Schick und seinen Allgäu 6, hätten es mehr Leute sein dürfen. Etwa 350 waren da, schätzt Schwarz. Dafür war das Zelt am Freitagabend, als die Geschwister Well auftraten, mit 1100 Gästen gut gefüllt. 1300 Personen fasst es. Heute sei das Wetter ideal, sagt Schwarz, nicht zu warm, nicht zu nass: "Koa Baaz, ned z' hoaß, es kommen ein Haufen Leut'." Auch am Sonntag haben die Schäftlarner Glück: Der Regen kommt erst nach dem Festumzug.

© SZ vom 24.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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