Im Waldramer Badehaus liest Schriftsteller Friedrich Brandl an diesem Sonntag, 26. Januar,17 Uhr, aus seinem Buch "Immer in Sichtweite - Ein Abecedarium" (Lichtung Verlag, Viechtach). Die SZ hat mit ihm über seine Zeit in Waldram und sein Werk gesprochen.
Wie kam es dazu, dass Sie 1970 als gebürtiger Amberger ihr Abitur am St. Matthias-Kolleg in Waldram ablegten?
Friedrich Brandl: 1964 war ich mit meiner Lehrzeit als Industriekaufmann bei der Luitpoldhütte in Amberg am Ende. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich diesen Beruf ein ganzes Leben ausführe, und suchte nach Möglichkeiten, das Abitur nachzuholen. Ein Freund aus Amberg war schon in Waldram, und dann hörte ich in einer Rundfunksendung vom Seminar dort. Im Herbst 1965 wagten sechs junge Männer aus Amberg den Schritt dorthin.
Sie haben einen Teil der "wilden 1960er Jahre", wie im Ankündigungstext zu Ihrer Lesung im Waldramer Badehaus zu lesen ist, im Isartal verbracht. Was war am beschaulichen Waldram wild?
Die letzten beiden Jahre wohnte ich in einer WG im sogenannten Badebau, heute Badehaus. Das war ein Privileg. Wir hatten einen eigenen Hausschlüssel. Auch waren wir politisch zum Teil etwas links angehaucht. Wir interessierten uns für die Vorgänge und Demos in Berlin, aber auch für die Befreiungstheologie, für die Dritte Welt, für den Hunger in der Welt. Wir lasen die Zeitschrift "konkret" und auch sonst viel progressive Literatur. Wir hatten viel Freiheit und nutzten diese auch.
Was verbindet Sie mit dem Badebau?
Die oben erwähnte Freiheit, die Auseinandersetzung mit anderen Theorien - allerdings nicht der katholischen -, der liberale Geist, der von der Seminarführung ausging und den man uns auch zugestand.
Hat Ihre Waldramer Zeit Ihre schriftstellerische Laufbahn beeinflusst?
Ja, weil ich dort viel gelesen habe. Die Bücherei in Waldram war gut bestückt, nicht nur mit katholischen Schriftstellern.
Sie waren im Widerstand gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf aktiv. War es ein weiter Weg von Waldram zur WAA?
Nein, das war nur konsequent. In Waldram lernte ich, mich zu engagieren. Ich hatte gelernt, dass, wenn man etwas bewegen will, sich zuerst selbst bewegen muss. Einer der jungen Männer, die mit mir nach Waldram kamen, war Richard Salzl aus Amberg, der sich später als katholischer Pfarrer im WAA-Widerstand engagierte. Meine Einstellung ist: Wenn Natur und Landschaft schön sind, muss ich sie auch schützen und vor Zerstörung bewahren. So war es auch im Falle der WAA.
In einigen Werken befassen Sie sich mit dem bayerisch-tschechischen Verhältnis. Was ist die Essenz?
1965 war ich zum ersten Mal in Périgueux, der Patenstadt von Amberg nahe Bordeaux. Ich lernte dort Freunde kennen, trotz der Erbfeindschaft, wie das noch unsere Väter bezeichneten. Als dann 1990 die Grenze zu Tschechien geöffnet würde, suchte ich mit meinen Kollegen sehr bald Kontakt zu westböhmischen Autoren in Pilsen. Auch dort schlossen wir Freundschaften. Mit zwei meiner Kollegen, Harald Grill und Bernhard Setzwein, gingen wir 2006, 2007 und 2010 die Goldene Straße von Nürnberg nach Prag zu Fuß. Für mich steht fest: Wenn Freundschaften bestehen, ist das die Basis alles anderen.
An was arbeiten Sie gerade?
Ich arbeite an Texten mit dem Namen "heimat.gedichte", in dem ich mich mit Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg und heute befasse, und an einem Sonettenkranz "Leben". Zudem arbeite ich an einem Jugendroman, in dem ich mich unter anderem mit meinen Erfahrungen an der Hauptschule und mit der rechten Szene am Schulort auseinandersetze.
Mit welchen Gedanken kommen Sie am Sonntag nach Waldram?
Ich bin schon mal im Gymnasium St. Matthias aufgetreten. Dass ich jetzt im Badehaus lesen darf, wo ich ja selbst zwei Jahre wohnte, ist schon etwas Besonderes.