Rick Kavanian in Bad Tölz:Der mit dem Wort tanzt

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Die Brille braucht er eigentlich nicht mehr: Rick Kavanian. (Foto: Manfred Neubauer)

Grieche, Inder, Pep Guardiola: Beim Auftritt im Tölzer Kurhaus baut der Kabarettist auf sein Sprachtalent. Das kommt gut an

Von Sebastian Raviol, Bad Tölz

Rick Kavanian kennen viele als Griechen. Dass der Kabarettist keiner ist, nicht einmal griechische Wurzeln hat, betont er gleich zu Beginn seines Auftritts am Mittwoch im Tölzer Kurhaus. "Ich bin ein original Münchner Kindl, nur berufsbedingt manchmal Grieche", sagt Kavanian, um sogleich von seinem griechischen Charakter Dimitri Stoupakis unterbrochen zu werden.

Der 44-Jährige spielt in seinem Programm "Offroad" sein Stimmtalent voll aus und wechselt stetig vom bayerischen, schwäbischen oder sächsischem Dialekt zum britischen Akzent und eben auch zu seiner Rolle als Grieche Stoupakis. Kaum ein Dialekt oder Akzent, den Kavanian an dem Abend nicht spricht. Geht man nach seinem sprachlichen Talent, ist er kein Bayer, sondern ein Weltbürger.

Kavanians Eltern sind armenische Einwanderer. In seinem Programm geht der Komiker auf die Suche nach seiner Identität. Einerseits schwankt der Bayer dabei charakterlich zwischen dem bösen und guten Rick, andererseits zwischen seiner scheinbar griechischen, armenischen oder deutschen Herkunft. Dennoch tut Kavanian mit dem immer wieder in Erscheinung tretenden Dimitri Stoupakis alles dafür, um als Grieche in Erinnerung zu bleiben. Mit seinen wechselnden Dialekten schafft es der Münchner mit wenigen Worten, ein Kopfkino zu erzeugen. Ein kurz eingeworfenes bairisches "Wie hoaßt des? Solidaritätsbeischlag?" lässt die Besucher unmittelbar an Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer denken, ohne dass dessen Namen an dem Abend gefallen wäre. Kavanian kommt an bei den Leuten im Tölzer Kurhaus. Weniger erntet der Kabarettist dauernden Applaus, eher hören die Besucher gebannt seinen Geschichten zu und honorieren seine Späße mit Lachen.

Der Komiker berichtet, er habe sich nun einer Augen-Operation unterzogen. Gegen die Nervosität habe er vor dem Eingriff von seinem schwäbischen Arzt eine "Wurschtigkeitstablette" bekommen. "Nach drei Minuten weißt du nicht mal mehr, wie du heißt. Ich hatte das Gefühl, im Leben angekommen zu sein." Ob einer der Besucher schon mal so eine Tablette bekommen habe? Viele Arme gehen hoch. "Junkie-Heaven in Bad Tölz", ruft Kavanian lachend. Heute benötigt er keine Brille mehr. Warum er bei seinem Auftritt trotzdem eine trägt? "Ohne Brille wurde ich mit Bastian Pastewka verwechselt."

Kavanian erheitert die Besucher mit weiteren Erinnerungen aus seiner Jugend und berichtet über seine Großmutter. Diese habe seinen Führerschein mitfinanziert, weswegen er sie mit 20 Jahren mit einer Spritztour durch München erfreuen wollte: "Sie hat sich ganz fein rausgeputzt: Schwarzes Kleid, schwarzes Kopftuch, schwarze Handtasche - sie war schon immer sehr optimistisch." Die Charaktere, die Kavanian spielt, überzeichnet er stark. Die Interpretation seiner Rollen als Inder, Chinese oder Afrikaner ist stereotyp - eben so, wie sie die Leute erwarten. Der Afrikaner auf der Safari-Tour raucht Gras, der Mann an der amerikanischen Passkontrolle erinnert ihn mit seinem indischen Akzent an eine Hühnchen-Bestellung im indischen Restaurant. Die Lacher hat er damit auf seiner Seite.

Die Klitschko-Brüder, Pep Guardiola, Robbie Williams - Kavanian bindet auch Prominente in sein Stück ein und ahmt diese gekonnt nach. Vor allem aber greift er auch auf Rollen zurück, mit denen er bekannt geworden ist. Er führt aus, wie sie zustande kommen: "Die Figuren, die ich spiele, existieren auch real." Er beobachte die Menschen, um die Rollen spielen zu können. Der Grieche sei im wahren Leben beispielsweise ein "alter Kumpel" von ihm.

"Es interessiert mich, wie der Ton die Sprache bestimmen und verändern kann." Das sagt Kavanian zwar auf der Bühne, ist aber nicht als Witz gemeint. In einer Zugabe zeigt der Synchronsprecher, was er damit meint. In einer Szene in einem Blumenladen spielt er sich selbst zunächst mit seiner aus dem Film "Madagascar" bekannten Stimme als Zebra Marty, dann ebenso realistisch als Hannibal Lecter aus "Das Schweigen der Lämmer." Ein und dieselbe Situation, aber durch gänzlich veränderte Tonlage auf ganz andere Weise amüsant.

Das Spiel mit der Sprache ist das hauptsächliche humoristische Mittel Kavanians. "Es liegt mir, ich bin vielsprachig aufgewachsen", erklärt er auf Nachfrage und betont: "Mit der Sprache kann man ganz viele Dinge machen."

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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