Reden wir über:Eine App für die Großeltern

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Oliver Charvin hat ein digitales Fotoalbum für Familien erfunden

Von Marie Heßlinger, Bad Tölz

Olivier Charvin ist in Frankreich geboren. Zum Studium zog er nach München. Seine Großmutter konnte er dann nicht mehr so oft im Altenheim besuchen. Aus der Sehnsucht ist ein Startup entstanden, das der 29-Jährige vor Kurzem gegründet hat: "Bilderbrief". Familien können ihren Großeltern mit der App gemeinsam Fotobücher schicken. In der Vorweihnachtszeit versendete der Informatiker um die 20 Bilderbriefe für seine Kunden - und er will wachsen.

SZ: Herr Charvin, wie kam Ihnen die Idee für Bilderbrief?

Olivier Charvin: Meine Oma war in Frankreich in einem Altenheim und dort gab es die Möglichkeit, den Bewohnern Briefe auf diese Weise zu schicken: Man konnte seine Fotos in einer App hochladen, das Altenheim hat diese dann in einem Heft gedruckt und an die Bewohner verteilt. Ich fand die Idee total cool. Ich war in Deutschland und konnte meine Oma nicht so oft besuchen. 2020 habe ich mich als IT-Berater selbständig gemacht und dachte, es wäre schön, zusätzlich noch etwas zu machen, bei dem ich das Gefühl habe, die Welt irgendwie ein bisschen besser zu machen.

Worin besteht der Unterschied zu herkömmlichen Fotoprogrammen oder der App in jenem Altersheim?

Für Bilderbrief muss der Empfänger nicht unbedingt in einem Altenheim leben, man kann das Fotobuch an jeden Ort in Deutschland verschicken. Außerdem können mehrere Menschen daran mitarbeiten. Alle Geschwister und Cousins können zum Beispiel ihre Bilder hochladen. Sie müssen sich keine Gedanken um das Layout machen. Man lädt ein Bild und einen kurzen Text hoch, gleich nachdem man das Foto aufgenommen hat, wie bei Whatsapp. Ich kümmere mich um das Layout. Das Projekt lebt von der Spontanität, es ist nicht wie ein Fotobuch, bei dem ich am Ende des Jahres Tausende Bilder aussortieren muss.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie?

Ich bin allein, meine Frau unterstützt mich extrem viel. Ich versuche, mir immer Zeit frei zu halten für Bilderbrief, weil es mir wichtig ist. Das Projekt läuft noch nicht so, dass es sich selber finanzieren kann, deshalb muss ich auch noch als IT-Berater arbeiten. Aber da es ein bisschen meine Leidenschaft ist, habe ich letztes Jahr viel mehr daran gearbeitet als für andere Aufträge. Jeden zweiten Montag sammle ich alle Bilder und schicke sie an eine Druckerei in Geretsried, dort werden alle Bilderbriefe gedruckt und gefaltet, erfahrungsgemäß kommen sie mittwochs an.

Wie hat Ihre Oma auf Ihre Idee reagiert?

Meine Oma ist leider 2018 gestorben, daher hat sie leider nicht erfahren, dass ich das mache.

Oh, schade. Und was passiert mit Bilderbrief, wenn Corona vorbei ist?

Das Projekt hat zwar im November 2020 angefangen, aber es gibt keinen Grund, es ohne Corona nicht zu machen. Viele wohnen vielleicht nicht so nah an ihren Großeltern. Dann ist es schön, etwas Regelmäßiges zu haben, auch wenn es keine Besuche ersetzt. Die Bilderbriefe sind schön für die ältere Generation, die nicht so technikaffin ist und die, selbst wenn sie Whatsapp nutzt, es vielleicht schöner findet, die Bilder auf Papier anzufassen.

© SZ vom 23.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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