Reaktionen auf die Initiative der Kreisbehörde:Pro und Contra Isar-Fahrverbot

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Wer's kann, kommt auch mit den Stromschnellen zurecht, wer's nicht kann, sollte die Isar gar nicht befahren. (Foto: Manfred Neubauer)

Fachleute finden die Befragung gut, die das Landratsamt online anbietet, nennen aber einzelne Vorschläge undifferenziert. Sprecher des Kanuverbands lehnt pauschale Reglementierung ab

Von Elena Winterhalter, Bad Tölz

Die Online-Befragung des Landratsamts Bad Tölz-Wolfratshausen zur Isar hat starke Resonanz. Allerdings nicht nur in Form von Antworten. Es gibt auch deutliche Kritik. Insbesondere Fachleute finden die Fragen teils zu undifferenziert.

Sperrungen, Rettungsaktionen - die Isar hat die Menschen im Landkreis in den vergangenen Wochen immer wieder beschäftigt. Die Meinungen, ob das Bootsfahren auf dem Wildfluss reglementiert werden soll, gehen auseinander. Um sich ein Bild zu verschaffen, hat das Landratsamt vor einer Woche auf seiner Homepage eine Umfrage begonnen: 17 mögliche Regelungen zum Bootsverkehr sollen von Bürgern, gewerblichen Betreibern, Sportlern und Naturschützern mit "Ja", "Nein" oder "Weiß nicht" beantwortet werden. Zum Beispiel heißt es da: "Kein Befahren der Isar von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang." Oder: "Absolutes Alkoholverbot für Bootsfahrer." Nach drei Tagen hatten sich laut Landratsamt bereits 460 Personen beteiligt. Diese soll, wie Sabine Schmid von der Pressestelle der Kreisbehörde betont, vor allem eins sein: "Ein Meinungsbild der Bürgerinnen und Bürger".

Doch schon jetzt gibt es Unmut über die inhaltliche Konzeption des Fragebogens. Christof Waldecker hat seine Kritik in einem offenen Brief an das Landratsamt formuliert. Der Referent des Bayerischen Kanuverbands kritisiert die Gleichsetzung kundiger Isarnutzer und unvorsichtiger Schlauchbootfahrer: "Während erfahrene Sportpaddler ihr Können, Risiko und Selbstrettungsmöglichkeiten realistisch einschätzen können, ist dies ungeübten Schlauchbootfahrern nicht möglich - beide Gruppen durch ein Verbot gleich zu behandeln schießt deutlich über das Ziel hinaus."

Er selbst sei häufig auf der Isar unterwegs, schreibt Waldecker. "Teilweise spielen sich da erstaunliche Szenen ab." Jüngst habe er eine Gruppe junger Erwachsener in einem Billig-Schlauchboot auf dem Fluss gesehen; die Frau an Bord mit Kleid, Handtasche und Hündchen auf dem Schoß. Wegen solcher Eindrücke fordert er angemessene Ausrüstung und Schwimmwestenpflicht auf dem Fluss. "Wenn sich dann nichts ändert, sollte man die billigen Discounter-Schlauchboote verbieten", sagt er. "Den Fluss pauschal zu sperren ist falsch." In seinen Augen muss vielmehr die Naturlandschaft rund um den Fluss geschützt werden. Dabei sieht er ein großes Problem nicht bei den Paddlern, die in der Mitte des Flusses bleiben und sich an die Regeln halten. Der Naturraum sei ebenso durch Spaziergänger und Sonnenbader auf den Kiesbänken gefährdet.

Auch bei einigen Bootsverleihern und gewerblichen Nutzern der Isar haben einzelne Formulierung der Befragung zu Irritationen geführt. Wobei man sich hier einig ist: Die Onlinebefragung sei ein Schritt in die richtige Richtung. Martin Held, Geschäftsführer von Montevia, kritisiert diesen Punkt: "Schwimmwestenpflicht für Kinder bis einschließlich zwölf Jahre und Nichtschwimmer." Held sagt: "Leute, die nicht schwimmen können, haben auf der Isar nichts zu suchen." Außerdem solle ohnehin jeder eine Schwimmweste tragen.

Etwas unglücklich findet Held auch diesen Vorschlag: "Die Isar darf nur mit strömungsfähigen Booten befahren werden. Schwimminseln, Tubes, Stand-up-Boards oder andere vergleichbare schwimmende Gegenstände sind nicht zugelassen." Held sagt, man könne Schwimminseln - die überhaupt nicht auf einen Wildfluss gehörten - nicht mit Stand-up-Boards vergleichen - die vor allem von erfahrenen Sportlern genutzt würden, die wüssten, was sie tun.

Auch Henning Schleusener vom Bootstouren-Anbieter Isar-Piraten sieht ein Problem in der mangelnden Differenzierung zwischen erfahrenen Isarnutzern und Freizeitsportlern, welche die Gefahren des Flusses manchmal falsch einschätzen. Viele der 17 potenziellen Regeln, die das Landratsamt zur Abstimmung online gestellt hat, entsprächen genau den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bootsverleiher, sagt Schleusener. Deshalb gehen ihm einige Regelungen nicht weit genug. Ginge es nach ihm, sollte die Besatzung eines Boots nicht nur auf zehn Personen beschränkt werden, wie es in der Umfrage formuliert ist, sondern auf acht. "Große Boote können auf dem Fluss schlecht ausweichen", sagt Schleusener. "Die riesigen Rafts erhöhen deshalb die Gefahr einer Karambolage mit kleineren Booten."

Noch bis 16. Oktober ist die Befragung online. Danach wollen die Verantwortlichen die Ergebnisse auswerten und mit in das Verfahren nehmen, an dessen Ende möglicherweise eine Verordnung zur Nutzung und Befahrung des Flusses steht. Welche Regeln und Verbote in diese Verordnung aufgenommen werden, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand sagen. Man wolle die Befragung und das Anhörungsverfahren abwarten, heißt es aus dem Landratsamt.

www.lra-toelz.de

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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