Proteste:Obdach im Wasserturm

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Der Wasserturm (links) grenzt direkt an das Nachbargebäude. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Eurasburg richtet Relikt der Isartalbahn her

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Am früheren Wasserturm der Isartalbahn an der Beuerberger Bahnhofstraße entzündet sich Protest. Schon bisher hatte die Kommune in dem direkt an einen Gewerbebetrieb angrenzenden Bau vorübergehend Obdachlose untergebracht. Um den Turm für eine Unterkunft besser herrichten zu können, musste der Gemeinderat nun eine Nutzungsänderung beschließen. Dagegen hatte sich der angrenzende Gewerbetreibende gewährt. In einem Brief hatte er vorgeschlagen, der Gemeinde den früheren Wasserturm abzukaufen - und so die Obdachlosenunterkunft zu verhindern. Doch er konnte sich nicht durchsetzen. Der Gemeinderat beschloss die Nutzungsänderung gegen die Stimmen von Maria Urban und Stefan Bauer junior (beide CSU).

Für die Obdachlosenunterkunft im 1930 erbauten Wasserturm warb Bürgermeister Moritz Sappl (GWV) nachdrücklich. "Wir brauchen das unbedingt", sagte er. Für die Gemeinde bestehe der Bedarf, Obdachlose unterzubringen. "Ich würde den Turm nicht verkaufen." Im Erdgeschoss sei Platz für Koch- und Waschgelegenheiten. In den beiden Stockwerken darüber habe jeweils ein Einzelzimmer mit Bett, Schrank und Tisch Platz. "Die Obdachlosenunterkunft ist absolut menschenwürdig", schilderte Sappl, was allerdings CSU-Gemeinderat Bauer bezweifelte. Er warb dafür, den Turm zu verkaufen und an anderer Stelle eine Obdachlosenunterkunft einzurichten.

Der Konflikt erschließt sich aus der Historie der Wasserturms. Der Bau ist laut Bürgermeister Sappl das letzte Relikt der Isartalbahn in der Kommune. Anfang der Siebzigerjahre kam das Aus für die Züge nach Beuerberg. Die Gemeinde entwickelte das Betriebsgelände an der Beuerberger Bahnhofstraße zum Gewerbegebiet. Nur der frühere Wasserturm der Bahn blieb erhalten und im Besitz der Gemeinde, die diesen unregelmäßig für Obdachlose nutzte. Später baute der jetzt protestierende Gewerbetreibende seinen Betrieb direkt an das Gebäude an.

"Der Betriebsinhaber hat gewusst, dass der Turm da ist", berichtete Sappl. Ähnlich argumentierte Ralf Reichenberg (Freie Wähler Achmühle). Wenn die Gemeinde den Turm verkaufe und ein anderes Objekt für Obdachlose suche, verlagere sich das Problem nur. "Dann werden sich andere beschweren", sagte er. Klaus Koch (Grüne) erinnerte daran, dass die Gemeinde verpflichtet sei, für Obdachlose Platz anzubieten. Ohne den Wasserturm müssten dann Räume beispielsweise in einer Pension angemietet werden. Auch Kochs Parteikollege Hans Urban (Grüne) hielt die Nutzungsänderung für den derzeit einzig gangbaren Weg. So sah es auch Peter Goepfert (UWB). Er fand den Unmut des angrenzenden Gewerbebetreibenden allerdings nachvollziehbar.

© SZ vom 19.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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