Protest gegen Bauprojekt:Etappenziel erreicht

Lesezeit: 3 min

2640 Unterschriften hat die Bürgerinitiative gegen das Hotel an der Arzbacher Straße in Bad Tölz gesammelt. Die Stadt prüft, ob es einen Bürgerentscheid geben wird

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Insgesamt 2640 Unterschriften haben die Gegner des Hotelprojekts an der Arzbacher Straße für ein Bürgerbegehren gesammelt. Die Listen werden sie am Mittwoch im Tölzer Rathaus an Bürgermeister Josef Janker (CSU) übergeben. Die Zahl der Signaturen sind für den Sprecher der Initiative und ehemaligen Grünen-Stadtrat Franz Mettal "ein klares Votum" gegen die Planungen des österreichischen Investors.

Die Firma Arcus plant auf dem Areal schräg gegenüber der Asklepios-Klinik ein Hotel mit etwa 300 Betten, Restaurant und Konferenzraum. Zur Querfinanzierung dient der Bau von fünf Wohnblocks auf circa 3000 Quadratmetern Fläche, zudem ist ein vierstöckiges Fitnessstudio vorgesehen. Dieses Hotel sei nicht hochrangig und habe "nichts mit dem zu tun, was einmal mit der Neuen Tölzer Hotelkultur angesprochen wurde", kritisiert Mettal. Das sieht Bürgermeister Janker ganz anders. Für ihn wäre ein erfolgreiches Bürgergebehren "ein Drama" - für den Tourismus-Standort und die Stadt Bad Tölz.

Den Gegnern des Hotelbaus sei bewusst, dass das Gelände an der Arzbacher Straße irgendwann einmal bebaut werde, sagt Mettal. "Aber das, was da geplant ist, ist unterste Schublade." Der Sprecher der Initiative, die vorwiegend aus Anliegern besteht, verweist darauf, dass im Konzept der Neuen Tölzer Hotelkultur einst von Hotels mit Seele, Flair und Persönlichkeit die Rede gewesen sei. Dieses Leitmotiv werde mit dem geplanten Neubau konterkariert.

Anders als beim Konzept, das 2015 von Arcus präsentiert wurde, ist die neue Version für Mettal ein Hotel "ohne alles" - zum Beispiel ohne Sterne und ohne kleines Spa. Auch die fünf Wohnblocks zur Querfinanzierung missfallen ihm und seinen Mitstreitern. Dies bedeute, dass sich 120 Leute dort eine Wohnung kauften, die sonst nichts mit Bad Tölz zu tun hätten, moniert Mettal und spricht von "120 gut betuchten Teilzeitbewohnern". Dagegen schauten Tölzer Familien auf der Suche nach Wohneigentum "mit dem Ofenrohr ins Gebirge".

Und noch ein Argument führt die Initiative ins Feld: Mit dem Projekt an der Arzbacher Straße wird das Kurviertel nach ihrem Dafürhalten weiter ins Abseits gedrängt. Zum einen, weil die Stadt noch andere Sondergebiete im Badeteil für Hotelbau festgelegt hat, etwa das Alpamare-Areal oder das Gelände mit dem Haus Bruckfeld. Da deren Eigentümer jedoch kein Interesse daran zeigten, den Planzielen der Stadt nachzukommen, befürchtet die Initiative brach liegende Flächen. "Die Stadt will das krampfhaft mit juristischen Methoden durchsetzen, aber sie hat schon zwei Mal einen Prozess verloren", sagt Mettal mit Blick auf das Urteil der Verwaltungsgerichts München zum Haus Bruckfeld. Zum anderen lehnen die Gegner das Arcus-Projekt auch deshalb ab, weil sie darin eine Gefahr für die inhabergeführten Hotels im Bäderviertel sehen. "Sie werden durch ein Low-Budget-Hotel an die Wand gedrängt."

Dem hält Bürgermeister Janker vor allem eines entgegen: Bad Tölz braucht dringend mehr Betten. "Auf einen Schlag 500", beziffert er den jährlichen Bedarf. Das von Arcus geplante 300-Betten-Haus bezeichnet er als Tölzer Stadthotel, in dem vornehmlich die Teilnehmer von Tagungen und von Veranstaltungen im Kurhaus eine Unterkunft finden sollen. Trotz vieler Anfragen habe man im Kurhaus schon manches mangels Betten absagen müssen, teilt Janker mit. Eine Klassifizierung mit Sternen hält er für überflüssig. Viele Hotelbetreiber verzichteten inzwischen darauf, weil damit teils entbehrliche Auflagen verbunden sind - "wenn man etwa keine Bar hat, fällt man sofort raus". Wichtiger sei das Marketing - "dass es bekannt ist". Eine existenzgefährdende Konkurrenz für bestehenden Übernachtungsbetriebe im Kurviertel sieht er in dem neuen Hotel nicht. Ganz im Gegenteil, das Haus Isarwinkel der Bahn-Sozialwerks "begrüßt den Zuwachs, weil sich dadurch manifestiert, dass Bad Tölz wirklich eine Tourismus-Destination ist", berichtet Janker.

Die Kritik an den fünf Wohnblocks, die der Querfinanzierung dienen sollen, weist Janker ebenfalls zurück. "Wenn jemand nach Tölz zieht, dann will er auch in Tölz wohnen", sagt er. Dies zeige schon ein Blick auf die Zweitwohnungssteuer, die am Tegernsee acht Mal so hoch sei wie in der Kurstadt. "Wer bei uns eine hochpreisige Wohnung kauft, lässt sie nicht acht, neun Monate leer stehen."

Was junge Familien anbelangt, baue die Stadt gerade günstige Wohnungen an der Osterleite und, zusammen mit der Lenggrieser Baugenossenschaft, auch welche an der Kohlstattstraße. Zudem werde die Stadt demnächst an jene Mieter herantreten, die alleine oder zu zweit in Vier-Zimmer-Wohnungen der Stadt lebten, und sie fragen, ob sie nicht zugunsten von Familien in ein kleineres Quartier umziehen möchten. Dabei denkt Janker nicht an die Siedlungen an der General-Patton-Straße, sondern an kommunale Wohnungen, etwa an der Sonnleitenstraße oder der Gaißacher Straße. Außerdem, so der Bürgermeister, könnten sich Familien ja auch um Eigentum in den neuen Wohnhäusern an der Arzbacher Straße bewerben. Bei 3500 bis 4000 Euro pro Quadratmetern würde ein 100 Quadratmeter großes Domizil rund 400 000 Euro kosten. "Das ist ein Stück Geld, aber wesentlich billiger als eine Doppelhaushälfte." Man müsse mit dem Investor verhandeln, dass er im ersten halben Jahr erst mal an Einheimische verkaufe.

Die Initiative will Franz Mettal zufolge mit einem Bürgerbegehren "einen Pflock setzen", um darüber zu sprechen, "was will man eigentlich". Dies gelte auch für die Flächen der Jod AG. Janker hingegen fordert die Tölzer Bürger auf, "das Ende zu bedenken". Mit einem Nein zum Hotelprojekt könne stimmen, wer da glaube, Fremdenverkehr sei für Tölz nicht wichtig, die Stadt brauche darum keine Hotels und keine 30 Prozent Wertschöpfung aus dem Tourismus. "Aber dann braucht man auch keine Blumen, keine Parks, keine Sauberkeit, das hängt alles voneinander ab."

© SZ vom 13.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: